Auch für den langjährigen Analysten ist das Suchen nach Antworten ein Stochern im Nebel. Im Moment werde viel behauptet, aber nichts sei bewiesen, sagt Alan Keenan von der «International Crisis Group»: «Bis die Identitäten der Attentäter bekannt sind, ihre Mittel der Kommunikation, die Sprengkörper, die sie benutzt haben – bis dahin müssen wir die Informationen mit Vorsicht geniessen.»
Es sei sicher plausibel, dass eine lokale radikal-islamische Gruppe diese Attentate durchgeführt haben könnte. Die Ideologie der «National Thowheeth Jamath» (NTJ) passe zu dieser Art von Anschlägen. Doch wäre sie nicht in der Lage gewesen, diese allein auszuführen, sagt Keenan weiter: «Dafür hätten sie logistische Unterstützung und Training gebraucht. Nichts deutet darauf hin, dass sie dieses Wissen schon vorher hatten.»
Die Gruppe trat bisher durch Vandalismus und verbale Aggression in Erscheinung, aber nicht durch Terror. Hilfe von aussen war von Nöten. Nun soll es der «Islamische Staat» (IS) gewesen sein. Die Terrormiliz hat jedenfalls heute die Verantwortung für die Tat übernommen – etwas spät, findet Keenan.
Die Frage nach dem «Warum?»
Warum würde die schwer angeschlagene Organisation zwei Tage warten wollen, um den Anschlag für sich zu beanspruchen, fragt der Forscher – und gibt auch gleich eine mögliche Antwort: «Vielleicht versucht der IS, sich nachträglich zu legitimieren. Dies, nachdem er herbe Rückschläge hinnehmen musste.» Doch Klarheit schaffe auch das nicht: «Es könnte ein Teil des Puzzle sein – oder auch nicht.»
Ein Puzzle ist der Anschlag und die Erklärungen dazu auch für den Analysten. Auch, dass der Anschlag eine Antwort auf zwei Attacken im neuseeländischen Christchurch sei, sei möglich – aber nicht bewiesen: «Das sind Narrative, wie sie in Sri Lanka existieren.»
Die eigentliche Absicht war, Christen und Muslime gegeneinander auszuspielen und die Gesellschaft als Ganze weiter zu polarisieren.
Keenan weist darauf hin, dass die Polizei bereits im Januar ein Waffendepot der islamistischen NTJ aufgespürt habe. Das würde darauf hinweisen, dass Christchurch mehr Rechtfertigung als Ursache wäre. Die Befürchtung aber sei nun, dass diese Attacken einen Keil durch die srilankische Bevölkerung getrieben hätten.
Das ohnehin sehr fragile Zusammenleben, das erst seit zehn Jahren – seit dem Ende des Bürgerkrieges – richtig funktioniere, sei bedroht: «Obwohl Christen und vielleicht auch Touristen Ziel der Attacken waren, war die eigentliche Absicht, Christen und Muslime gegeneinander auszuspielen und die Gesellschaft als Ganze weiter zu polarisieren», meint Keenan. In diesem Punkt ist Alan Keenan ganz klar und stochert nicht im Nebel.