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Ist die Affäre in Österreich mehr als ein Sturm im Wasserglas?
Aus SRF 4 News aktuell vom 20.03.2018. Bild: Keystone
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Staatsaffäre in Österreich «Die Limiten der FPÖ sind jetzt für alle sichtbar»

In Österreich sorgt eine Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz für politischen Wirbel. Angeordnet hat sie Innenminister Herbert Kickl von der rechtspopulistischen FPÖ – angeblich im Kampf gegen Korruption. Die Opposition wirft ihm hingegen politische Motive vor. Am Montag fand eine Sondersitzung des Parlaments dazu statt. Laut SRF-Korrespondent Peter Balzli ist die Geschichte damit aber noch lange nicht ausgestanden.

Peter Balzli

Österreich- und Osteuropa-Korrespondent

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Peter Balzli hat Wirtschaft und Medienwissenschaften in Bern und Berlin studiert. Danach absolvierte er die Ringier-Journalistenschule und begann 1995 beim SRF zu arbeiten. Bevor er zwischen 2001 und 2013 als SRF-Korrespondent aus Paris und London berichtete, arbeitete Balzli 2000 bis 2001 als Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Seit 2016 ist Peter Balzli Österreich- und Osteuropa-Korrespondent.

SRF News: Die SPÖ spricht von einer Staatsaffäre. Was meint sie damit?

Peter Balzli: Genau genommen sind es zwei Affären. Ob es zwei Skandale sind, kann man noch nicht mit Sicherheit sagen. Die eine Affäre ist ein mutmassliches Fehlverhalten im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung, dem BVT. Es hatte nordkoreanische Pässe an Südkoreaner übergeben.

Es geht um die Tatsache, dass die Rechtspartei FPÖ seit Dezember alle drei Geheimdienste in Österreich kontrolliert.

Die zweite Affäre ist die deshalb erfolgte Hausdurchsuchung. Diese wirft zahlreiche Fragen auf. Grundsätzlich geht es aber um die Tatsache, dass die Rechtspartei FPÖ seit Dezember alle drei Geheimdienste in Österreich kontrolliert und die Angst, dass sie diese Macht missbraucht.

Was wirft die Opposition Innenminister Kickl denn genau vor?

Die linke Opposition wirft Kickls Partei, der FPÖ, vor, den Geheimdienst zu behindern oder gar zu zerstören. Dazu muss man wissen, dass das genannte BVT auch die Bedrohung durch Rechtsextremismus analysiert. Das Problem dabei ist: Ranghohe FPÖ-Mitarbeiter standen oder stehen selber unter Beobachtung dieses Teils des Geheimdienstes. Seit Dezember steht der gesamte Geheimdienst nun aber unter der Führung der Rechtspartei FPÖ.

Kickl
Legende: Innenminister Herbert Kickl musste an einer Sondersitzung zur Affäre Stellung nehmen. Keystone

Gibt es tatsächlich konkrete Hinweise auf ein Fehlverhalten im BVT?

Es gibt noch keine klaren Beweise, nur Hinweise. Es gibt aber sehr viele offene Fragen. Zum Beispiel: Weshalb wurde diese Hausdurchsuchung durch eine Spezialtruppe durchgeführt, deren Aufgabe die Bekämpfung von Strassenkriminalität ist, also die für so etwas gar nicht vorgesehen ist? Deren Vorsteher ist ein FPÖ-Funktionär, dem selbst vorgeworfen wird, sich in rechtsextremen Kreisen zu bewegen.

Es steht die Frage im Raum, ob die rechtsnationale Regierungspartei FPÖ versucht, Ermittlungen gegen Rechtsextreme zu behindern.

Warum wurde das Justizministerium nicht vorab über die Hausdurchsuchung informiert? Und warum wurden offenbar auch Daten über Rechtsextremismus-Ermittlungen beschlagnahmt, also Material, das nichts mit diesen Ermittlungen zu tun hatte? Kurz gesagt, es steht die Frage im Raum, ob die rechtsnationale Regierungspartei FPÖ versucht, Ermittlungen gegen Rechtsextreme zu behindern oder zu unterbinden.

Diese Frage war auch Thema an der gestrigen Sondersitzung des Parlaments. Konnte Kickl die Vorwürfe glaubwürdig entkräften?

Nein, das gelang ihm nicht. Oppositionsführer Christian Kern sagte gestern Abend im ORF, es sei – Zitat – einigermassen wahrscheinlich, dass die SPÖ einen Untersuchungsausschuss verlangen werde. Sie will aber noch die Ausführungen der Regierung von heute abwarten.

Ranghohe FPÖ-Mitarbeiter stehen selber unter Beobachtung.

Ist das Ganze mehr als nur ein Sturm im Wasserglas für die Regierung?

Ich glaube, die Angelegenheit könnte zu einem grossen Problem werden. Denn das Vertrauen zwischen den beiden Regierungsparteien, das anfangs so demonstrativ gezeigt wurde, ist jetzt erheblich beschädigt. Und die Limiten der FPÖ als Regierungspartei sind jetzt für alle sichtbar. So wurden zum Beispiel die Geheimdienste bereits schwer beeinträchtigt, denn viele westliche Geheimdienste werden nun nicht mehr mit österreichischen Behörden Daten tauschen wollen – auch deshalb, weil die FPÖ so enge Kontakte zur russischen Regierung und vielleicht auch zu den russischen Geheimdiensten pflegt.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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