Es ging um alles. Um seine Amtszeit. Um die Zukunft seines Landes. 13 Minuten hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, um in seiner Fernsehansprache Versäumtes nachzuholen und Versiebtes einzugestehen. Macron hat geliefert. Inhaltlich wie formal.
Erhöhung des Mindestlohns
Macron gab die Erhöhung des Mindestlohns (Smic) um 100 Euro ab Januar bekannt. Überstunden (was über 35 Stunden hinausgeht) müssen ab kommendem Jahr nicht mehr versteuert werden, auch die Sozialabgaben darauf entfallen. Die Arbeitgeber, die dazu in der Lage sind, sollen Angestellten zum Jahresende eine Prämie auszahlen, auch diese sind von Steuern befreit.
Auch den Pensionierten kommt Macron entgegen. Die Erhöhung der Sozialabgaben, die für enormen Unmut gesorgt hatte, wird für Renten unter 2000 Euro zurückgenommen. «Das war nicht richtig», gab Macron unumwunden zu.
Die Reichensteuer, die der Präsident abgeschafft hatte, soll indes nicht wieder eingeführt werden. Fast 40 Jahre lang habe sie die Reichen in die Flucht getrieben und Frankreich sei es dabei nicht besser gegangen. Darauf zurückzukommen, würde die Wirtschaft schwächen.
Macron erklärte jedoch, dass französische Unternehmer in Frankreich Steuern zahlen müssten und die Steuerflucht stärker geahndet werden müsse.
Präsidiales «mea culpa»
Die Not vieler Franzosen, welche die «Gilets Jaunes» auf die Strasse treibe, gebe es nicht erst seit gestern, sagte der Präsident und konnte sich einen Seitenhieb auf seine Vorgänger nicht verkneifen: «Doch wir haben es verpasst, in den letzten 18 Monaten eine Antwort darauf zu finden».
Macron gab sich kleinlaut, was seine oft hingeworfenen Sätze an einfache Leute angeht: «Ich bin mir bewusst, dass meine Aussagen verletzend waren und entschuldige mich dafür.» Macron betonte, das Volk sei seine einzige Sorge, wofür er kämpfe.
Der Präsident will den Staat reformieren und regte eine nationale Debatte an und will dafür alle an einen Tisch holen: Politiker, Parteien, Gewerkschaften und das Volk. Es müsse jetzt alles auf den Tisch, von der politischen Repräsentation bis zur Steuergerechtigkeit. Ihm schwebt ein neuer Sozialvertrag vor. Als natürliches Relais zwischen Volk und Politik nannte er die Bürgermeister der Gemeinden und Städte.
Wer soll das bezahlen?
Die Kosten für die Massnahmen, die Macron angekündigt hat, schätzen Ökonomen vorsichtig auf 12 bis 14 Milliarden Euro. Das erhöht aber das Defizit Frankreichs weiter. Die von der EU geforderte Defizit-Limite von drei Prozent kann Frankreich damit nicht mehr erreichen.