Ko Tun Wai arbeitete in einem Handyshop, als die Erde anfing zu schwanken. Der 28-Jährige lebt in Mandalay, jener Stadt, die vom Erdbeben besonders stark betroffen ist. Er habe sich gerade hingesetzt, erzählt er, und weil keine Kunden da waren, habe er angefangen zu telefonieren.
«Plötzlich begann es zu schütteln, ein Regal fiel auf den Boden. Das Dach stürzte ein und zerstörte den Laden und all die Handyartikel. Ich habe mich unter einem Tisch versteckt. Zum Glück ist mir nichts passiert», sagt Ko Tun Wai.
Ein Erdbeben habe er zuvor noch nie erlebt. Auch das Haus der Familie wurde durch das Beben schwer beschädigt. «Wir haben nur ein kleines Haus, eine Etage. Das Dach ist eingestürzt und ich konnte nicht mehr ins Haus rein. Auch die Küche ist komplett zerstört.»
Keine Zeit, um den Schock zu verarbeiten
Zusammen mit seiner Grossmutter ist er bei einem Freund untergekommen. Der Vater wurde verletzt und ist jetzt mit Ko Tun Wais Mutter im Spital. Er wolle Freunden helfen, sagt der junge Mann, und später gemeinsam mit dem Chef des Handyshops den Laden aufräumen und reparieren.
Schon vor dem Erdbeben starben jeden Tag Menschen.
«Am Anfang hatte ich grosse Angst, aber jetzt geht es mir gut. Es gibt viele schlimme Dinge, die uns in Myanmar passieren», sagt Ko Tun Wai. «Schon vor dem Erdbeben sind jeden Tag Menschen umgekommen. Ich bin traurig.»
Denn das Land befindet sich im Krieg, die Militär-Junta ist an mehreren Fronten unter Druck. Zeit, um sich zu erholen, oder gar den Schock zu verarbeiten, bleibt Ko Tun Wai nicht. Hilfe von den Behörden, sagt er, habe er keine erhalten.
Das Erdbeben hat auch die Schweizerin Nathalie Manach erlebt. Sie lebt seit vielen Jahren im Land. Die ehemalige Diplomatin arbeitet in Myanmar als Kaffeehändlerin. Sie wohnt unweit von Mandalay.
Als die Erde bebte, war sie beim Mittagessen. Zuerst glaubte sie an einen Kampfjet-Angriff durch die Militär-Junta. Doch ziemlich schnell sei ihr klar geworden, dass es sich um ein Erdbeben handeln musste.
Instinktiv wollte sie auf die Strasse rennen, bis ihr einfiel, dass draussen überall offene Stromleitungen hängen. «Das wäre zu gefährlich gewesen, also habe ich mich unter einen Türrahmen gestellt und habe dort etwa 15 Minuten gewartet.»
Das Ausmass des Erbebens in Bildern
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Bild 1 von 21. Rettungskräfte arbeiten am 30. März 2025 in Mandalay, Myanmar, an der Stelle eines eingestürzten Gebäudes. Bildquelle: REUTERS / Stringer.
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Bild 2 von 21. Mehr als 1700 Menschen sind im Erdbeben in Myanmar umgekommen (Stand 31.03.25). Bildquelle: REUTERS / Patipat Janthong.
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Bild 3 von 21. Das Erdbeben hat auch den Maha Myat Muni Tempel in Mandalay zum Einsturz gebracht. Bildquelle: EPA/Stringer.
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Bild 4 von 21. Die Rettungsarbeiten werden noch Tage dauern. Bildquelle: REUTERS/Athit Perawongmetha.
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Bild 5 von 21. Auch in der nun angebrochenen Nacht gehen die Bergungsarbeiten in Bangkok weiter. Bildquelle: REUTERS/Athit Perawongmetha.
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Bild 6 von 21. In Naypyidaw, in Myanmar stürzte eine Markthalle ein. In der Dämmerung begannen die Rettungsarbeiten. Bildquelle: Keystone/CHAN NAING.
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Bild 7 von 21. Das stärkste Erdbeben der Region seit Beginn der Messungen hinterliess an mehreren Stellen in der Region Naypyidaw in Myanmar tiefe Spalten in den Strassen. Bildquelle: Keystone/CHAN NAING.
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Bild 8 von 21. Die Bergungsarbeiten beim eingestürzten Hochhaus in Bangkok liefen den ganzen Tag. Bildquelle: Keystone/WASON WANICHAKORN.
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Bild 9 von 21. Auch in Mandalay sind die Schäden immens. Bildquelle: REUTERS/Stringer .
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Bild 10 von 21. In Naypyidaw, der Hauptstadt Myanmars, sind die Rettungsarbeiten im vollen Gang. Bildquelle: Keystone/AUNG SHINE OO.
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Bild 11 von 21. Die Menschen in Bangkok verbrachten den Tag im Freien. Wissenschaftler befürchten, dass es zu Nachbeben kommt. Bildquelle: Keystone/ADAM SCHRECK.
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Bild 12 von 21. Rettungskräfte arbeiten an der Stelle eines eingestürzten Gebäudes, nachdem das Erdbeben Zentral-Myanmar erschüttert hat. Das Beben ereignete sich etwa 50 Kilometer östlich von Monywa in der Landesmitte. Bildquelle: Reuters/Ann Wang.
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Bild 13 von 21. Menschen retteten sich in Bangkok ins Freie und harrten dort bei 37 Grad Celsius aus. Bildquelle: Reuters/Chalinee Thirasupa.
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Bild 14 von 21. Ein Arbeiter trägt einen Verletzten auf dem Rücken in Bangkok. Bildquelle: Reuters/Ann Wang.
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Bild 15 von 21. Die Menschen wurden vom Erdbeben überrascht. Der Schock sitzt tief. Bildquelle: Reuters/Ann Wang.
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Bild 16 von 21. Auf den Strassen in Bangkok herrscht zum Teil Chaos. Bildquelle: Reuters/Athit Perawongmetha.
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Bild 17 von 21. Rettungskräfte sind bei einem eingestürzten Gebäude in Bangkok im Einsatz und suchen nach Verschütteten. Bildquelle: Reuters/Athit Perawongmetha.
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Bild 18 von 21. Ein verletzter Mann reagiert auf die Erschütterungen des starken Erdbebens, das das Zentrum Myanmars und auch Bangkok betraf. Bildquelle: Reuters/Ann Wang.
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Bild 19 von 21. Die betroffenen Menschen wurden aus den Gebäuden evakuiert und versammelten sich auf der Strasse. Bildquelle: Keystone/Chutima Lalit.
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Bild 20 von 21. Beschädigte Pagoden in Naypyitaw, Myanmar. Bildquelle: Keystone/Aung Shine Oo.
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Bild 21 von 21. Menschen betrachten eine beschädigte Brücke auf der Autobahn Naypyidaw-Yangon. Bildquelle: Keystone/Nyein Chan Naing.
Die Menschen seien in Panik gewesen. Inzwischen seien Menschen aus dem stark betroffenen Mandalay in ihrer Stadt angekommen. «Sie waren verletzt und suchten hier im Spital Hilfe. Heute Nachmittag habe ich Blut gespendet, weil es in diesem armen Land an Grundlegendem fehlt: Medikamente, Personal, Blut, an allem mangelt es im Spital.»
Erschwerte Katastrophenhilfe
Die Solidarität in der Bevölkerung sei sehr gross. Nicht zuletzt, weil das Vertrauen in die Behörden – in die Militär-Junta – sehr tief sei. Schon bei den Überflutungen vor einem halben Jahr habe es keine Hilfe gegeben, sagt die Schweizerin. «Diesmal hat man gar nicht mehr gewartet: Innert Sekunden haben sich die Leute mobilisiert und eine riesige Resilienz gezeigt. Sie müssen einander helfen, weil es anders nicht geht.»
Zwar hat die Militär-Junta internationale Hilfe angefordert, doch Nathalie Manach befürchtet, dass diese, wenn überhaupt, nur beschränkt ins Katastrophengebiet gelangt und es für viele Menschen dann zu spät sein wird.