Der Militärputsch in Burma Anfang Monat und die seither andauernden Proteste haben auch Folgen für Schweizerinnen und Schweizer, die in dem südostasiatischen Land leben. Zum Beispiel für Nathalie Manach, frühere Schweizer Diplomatin und heute Kaffeeproduzentin in Burma. Im Gespräch berichtet sie von der schwierigen Situation in ihrer Wahlheimat.
SRF News: Wie erleben Sie derzeit die Lage in Burma?
Nathalie Manach: Die Situation hat sich innerhalb einer Woche dramatisch verändert. Es hat damit begonnen, dass das Militär eine Freilassung von Gefängnisinsassen angekündigt hat. Diese wurden angeheuert, um in Slums in den Vororten von Yangon Unruhe zu stiften. Das wurde mit Vergiftungen von Wasser gemacht. Die Grossaktion hat alles ins Rollen gebracht. Auf die Unruhen folgten zwei Gesetze, ein Straf- und ein Cybergesetz, die nun in der Vernehmlassung sind.
Was bedeuten die Gesetze für die Bevölkerung?
Das Strafgesetz sieht vor, dass man bestraft wird, wenn man jegliche Aussprache gegen das Militär äussert. Das Cybergesetz geht scheinbar noch weiter als das in China. Der Einsatz des VPN, der uns zurzeit ermöglicht, aufs Internet zuzugreifen, soll strafbar werden. Zusammenfassend kann man gar nichts mehr machen, das nicht unter das neue Gesetz fällt. Diese Sanktionen haben dazu geführt, dass mein Unternehmen entschieden hat, so bald wie möglich die Türen zu schliessen. Und ich muss vorsehen, dass ich zurück in die Schweiz kann.
Inwiefern ist Ihr Geschäft bedroht?
Mein Geschäft ist komplett paralysiert. Einerseits sind die Highways blockiert, überall sind Checkpoints und Soldaten. Die frisch geernteten Kaffeekirschen sind jetzt bei unserem Produzenten und können nicht zu unserem Hauptlager nach Pyin U Lwin transportiert werden. Das Risiko ist zu gross, dass die Ware konfisziert wird. Zudem haben meine Mitarbeiter ihre Arbeit niedergelegt und sind zurück in ihre Dörfer gegangen. Sie argumentierten, sie wollten Teil dieser Bewegung sein. Sie wollten friedliche Demonstrationen und dass ihr Land zurück zur alten Ordnung kehrt, wo die NLD Burma in eine Demokratie leitet.
Zu Beginn war das ein Schock für mich. Auf der anderen Seite konnte ich mein Team auch nicht zurückhalten.
Für mich war das zu Beginn ein Schock, mit all diesen Kaffeeproduzenten allein dazustehen. Auf der anderen Seite konnte ich mein Team auch nicht zurückhalten. Es ist ganz klar: Es ist ein Ausnahmezustand, und wenn man zwischen 20 und 30 ist und nicht auf der Strasse, dann kann man nicht zu einer Veränderung beitragen. Ein weiterer Punkt ist die Unsicherheit der Kunden in der Schweiz. Meine Stammkunden glauben daran, dass der Kaffee auch dieses Jahr trotz allen Widrigkeiten zu ihnen kommt. Aber es gibt etliche Neukunden, die Unsicherheiten geäussert haben und keine Verträge unterschreiben wollen.
Kein Team mehr vor Ort, keine Bewegungsfreiheit: Was werden Sie jetzt tun?
Die letzten Interviews aus diesem Land heraus führen, wie ich das jetzt mit Ihnen mache. Aber ich muss schon sagen, dass ich nachts oft ein mulmiges Gefühl habe, ich bleibe ja nicht anonym bei dieser Sache. Ich weiss nicht, ob ich in einem Monat noch so Interviews führen kann wie heute. Aber ich versuche, die Welt darauf aufmerksam zu machen, was hier passiert.
Der zweite Schritt ist, so schnell wie möglich aus dem Land zu kommen. Es gibt zum Glück noch Repatriierungsflüge. Ich versuche, aus der Ferne meine Kaffeereserven und Kaffeeeinkäufe zu steuern. Im Moment ist alles blockiert, wir können nicht weiter handeln. Aber das wird sich hoffentlich auch wieder mal normalisieren. Bis dahin wird der Kaffee einfach im Lager bleiben.
Das Gespräch führte Karin Wenger.