Am Wochenende sind im Südchinesischen Meer die Küstenwachen der Philippinen und Chinas aufeinandergeprallt: Ein Schiff der chinesischen Küstenwache hat nach Angaben der philippinischen Küstenwache mit Wasserwerfern auf philippinische Schiffe geschossen.
Der chinesische Botschafter wurde nach dem Vorfall ins Aussenministerium der Philippinen zitiert. Dabei habe das Ministerium darauf gedrungen, dass China seine Schiffe auffordere, ihre «illegalen Handlungen gegen philippinische Schiffe einzustellen».
China begründet seine Aktion damit, dass die angegriffenen Schiffe unerlaubterweise in sein Hoheitsgebiet eingedrungen seien.
China reklamiert praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich. Dort beanspruchen auch die Philippinen, Vietnam, Malaysia, Taiwan und Brunei Gebiete. Die USA und Chinas Nachbarn werfen Peking eine zunehmende Militarisierung der Region vor.
Alltägliche Scharmützel
Dass China seine Machtansprüche mit Wasserwerfern durchzusetzen versucht, sei die Ausnahme, sagt Patrick Zoll. Er berichtet für die NZZ über die Geopolitik im Indopazifik. «Es ist aber fast Alltag, dass sich Schiffe der jeweiligen Küstenwachen gegenseitig in die Quere kommen.»
Zoll besuchte vor einigen Wochen die philippinische Insel Pag-asa im Südchinesischen Meer. Auch dort war Pekings Präsenz unübersehbar: Drei Kilometer vor dem Hafen befand sich ein riesiges Schiff der chinesischen Küstenwache.
Begleitet wurde es von Booten der sogenannten chinesischen maritimen Miliz. «Sie sehen aus wie Fischerboote. Sie fischen aber nicht, sondern markieren Präsenz.» Komplettiert wurde das Aufgebot von einem Kriegsschiff, dessen Silhouette am Horizont erkennbar war.
Bei Muskelspielen bleibt es nicht. Philippinische Fischer werden daran gehindert, in eigenen Hoheitsgebieten zu fischen. Länder wie Vietnam und die Philippinen können ihre Öl- und Gasvorkommen nicht ausbeuten.
China ignoriert Urteil von Schiedsgerichtshof
China begründet seine Ansprüche auf die Gebiete historisch. Das Argument: Das Riesenreich sei seit hunderten, ja sogar tausenden Jahren im Südchinesischen Meer präsent. «Das ist, wie wenn Italien sagen würde, es sei einmal das Römische Reich gewesen und deswegen solle ihm das gesamte Mittelmeer gehören», sagt Zoll.
Die Länder müssen für ihre territorialen Ansprüche eintreten, ohne ihre Wirtschaftsinteressen zu schädigen.
Der Internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies Chinas Gebietsansprüche 2016 zurück. Historische Ansprüche könnten nicht einfach auf die Gegenwart übertragen werden. Peking ignoriert das Urteil.
Chinas aggressives Auftreten bringt die Anrainerstaaten im Südchinesischen Meer in eine delikate Lage. Denn China ist ihr wichtigster Handelspartner. «Die Länder müssen für ihre territorialen Ansprüche eintreten, ohne ihre Wirtschaftsinteressen zu schädigen», erklärt Zoll.
Auch die USA mischen mit
Die Philippinen suchen derzeit die Nähe zu den USA, die mit China um Einflusssphären im Indopazifik rivalisieren. Seit 1951 besteht ein Verteidigungsabkommen zwischen Manila und Washington. Dieses wird nun gestärkt.
So öffnen die Philippinen Militärbasen für die Amerikaner, und die beiden Länder führen gemeinsame Manöver durch. «Die Philippinen wissen ganz genau, dass sie Unterstützung von anderen Ländern brauchen, wenn sie dem Druck Chinas standhalten wollen», schliesst der NZZ-Experte.