- Die EU-Kommission will Polen wegen der als undemokratisch kritisierten Justizreform förmlich verwarnen.
- Dafür setzte sie ein Verfahren in Gang, durch das der Europäische Rat über die Rüge entscheiden muss.
- Am Ende dieses Verfahrens könnte ein Stimmrechtsentzug stehen.
- Es ist das erste derartige Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge in der Geschichte der Gemeinschaft.
- Polen reagiert auf den Entscheid aus Brüssel betont gelassen.
Die EU-Kommission sieht in der polnischen Justizreform eine Gefahr für die Demokratie. Die EU-Kommission wirft der Regierung in Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben und damit das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu verletzen.
Deshalb will sie nun ein Sanktionsverfahren gegen Polen wegen Gefährdung von Grundwerten der EU einleiten. Dies bestätigte ein Kommissionssprecher. Nach dem Verfahren muss der Europäische Rat – also die Regierungschefs aller 28 EU-Staaten – über die Rüge entscheiden.
Alle müssen einverstanden sein
In den vergangenen beiden Jahren habe die nationalkonservative Regierung in Warschau insgesamt 13 Gesetze verabschiedet, die «eine ernsthafte Gefahr für die Unabhängigkeit der Justiz» darstellten, sagte EU-Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans.
Artikel 7 sieht auch die Einschränkung der Mitwirkungsrechte in der EU vor. Voraussetzung ist jedoch die einstimmige Feststellung des Europäischen Rats, in Polen werde anhaltend gegen die EU-Werte verstossen.
Polen schaut gelassen zu
Polens nationalkonservative Regierung hat den Entscheid aus Brüssel betont ruhig kommentiert. «Ich nehme die Entscheidung mit Gelassenheit zur Kenntnis», sagte Justizminister und Generalstaatsanwalt Zbigniew Ziobro.
Ziobro, der durch bereits geltende und teilweise geplante Gesetze weitreichende Befugnisse über die Justiz erhält, wies die Vorwürfe aus der EU zurück. Polen sei ein rechtsstaatliches Land und werde auf EU-Ebene nur geschätzt, wenn es ein funktionierendes Gerichtswesen habe, so Ziobro. Deswegen müsse man die Justizreformen umsetzen.
Polens Premier Mateusz Morawiecki hatte bereits mit der Einleitung des Verfahrens gerechnet. «Es ist ein Vorrecht der Europäischen Kommission, das Verfahren einzuleiten», sagte er noch vor der Entscheidung und kündigte an, im Januar mit dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker über die Justizreformen zu sprechen. Er hoffe, dass Warschau und Brüssel «trotz gewisser Differenzen» in den nächsten 12 bis 18 Monaten eine Ebene der Zusammenarbeit finden könnten. «Vielleicht ja auch dann, wenn beide Seiten bei ihrem jeweiligen Standpunkt bleiben.»