In Kuba fällt nach dem Brand eines Treibstofflagers nach einem Blitzeinschlag seit Tagen schwarzer Regen vom Himmel. Vor allem aber verschärft der Unfall die Energiekrise auf der Insel.
Es herrsche grosse Hoffnungslosigkeit in der Bevölkerung, nachdem dieser schon die Pandemie grosse Opfer abgerungen hatte, sagt der Journalist Oscar Alba in Kuba.
SRF News: Welche Folgen hat der Grossbrand im Norden Kubas auf die Energieproduktion des Inselstaats in der Karibik?
Oscar Alba: Das grösste Elektrizitätskraftwerk des Landes gleich neben dem in Brand geratenen Treibstofflager bei Matanzas im Norden Kubas musste abgeschaltet werden. Von landesweit acht Kraftwerken sind zwei ausser Betrieb, die anderen sechs laufen im Schnitt etwa auf halber Kraft.
Auch Havanna ist jetzt von Stromausfällen betroffen.
Das hat massive Auswirkungen auf die Stromversorgung: Schon seit Monaten kommt es in den Provinzen des Landes immer wieder zu Stromunterbrüchen, was sich jetzt nochmals intensiviert. Inzwischen ist davon auch die Hauptstadt Havanna betroffen.
Was bedeutet die jetzt noch knappere Stromversorgung für das tägliche Leben der Kubanerinnen und Kubaner?
Vor allem während der jetzt herrschenden tropischen Sommerhitze ist das eine Katastrophe, die Hitze ist kaum auszuhalten. Auf dem Land haben die Menschen bis zu 18 Stunden pro Tag keinen Strom. Es läuft kein Ventilator mehr, möglicherweise verderben die wenigen Lebensmittel im Kühlschrank, wenn dieser alt und schlecht isoliert ist.
Auf dem Land haben die Menschen bis zu 18 Stunden pro Tag keinen Strom – es läuft kein Ventilator, die Lebensmittel im Kühlschrank verderben.
Das Leben steht völlig still – Läden, Betriebe und Büros sind während der Stromunterbrüche zu. Die Menschen liegen herum wie die toten Fliegen – entweder am Schatten unter Bäumen oder in den Hauseingängen auf den Steinböden bei geöffneten Türen. Auf dem Land ist es in der Finsternis der Nacht wegen des Strommangels verschiedentlich auch schon zu Protesten gekommen. Wie die Leute jetzt in Havanna reagieren werden, ist völlig offen.
Leidet auch die Gesundheitsversorgung unter den Stromausfällen?
Die meisten Spitäler verfügen über Notstromaggregate, trotzdem ist die Situation desolat. So waren im staatlichen Fernsehen Bilder zu sehen, wie eine Krankenschwester in einem heruntergekommenen Spital einem Brandopfer mit einem Karton etwas Luft zugefächelt hat. Das veranschaulicht den Mangel im kubanischen Gesundheitswesen. Das ist schon schwer zu ertragen.
Was erwartet die Bevölkerung in den kommenden Monaten?
Die Menschen sehen kein Licht am Horizont. Die wegen der Pandemie seit Monaten herrschende Endzeitstimmung wird durch den Grossbrand und die Stromausfälle noch verstärkt. Es funktioniert kaum mehr etwas, es kommt immer öfter zu Unglücken: Kürzlich forderte ein Brand in einem Hotel 47 Menschenleben, ein herunterfallender Balkon erschlug drei Mädchen.
Wer kann, verlässt Kuba. Wer bleiben muss, versucht von Tag zu Tag zu überleben.
Die Bevölkerung empfindet solche Vorfälle als Symptome des Zerfalls, was schwer auf ihre Stimmung drückt. Wer kann, verlässt die Insel, wer bleiben muss, versucht von Tag zu Tag zu überleben. Kuba ist quasi unbemerkt von der Weltöffentlichkeit in eine tiefe Krise gerutscht – und es sieht danach aus, dass alles immer noch schlimmer werden kann, als es ohnehin schon ist.
Das Gespräch führte Reena Thelly.