- Grosse Teile des Amazonas-Regenwalds können sich von Bränden oder Dürren nicht mehr so gut erholen wie früher.
- Das kann zum Absterben des Waldes und schlimmstenfalls dazu führen, dass sich der Regenwald in eine Savanne verwandelt, so eine britisch-deutsche Studie.
- Der Regenwald im Amazonasgebiet hat seit Anfang der 2000er-Jahre kontinuierlich an Widerstandsfähigkeit eingebüsst.
Bei über drei Vierteln des Waldes habe die Fähigkeit nachgelassen, sich von Störungen wie Dürren oder Bränden zu erholen, steht in einer Studie eines britisch-deutschen Forscherteams in der Fachzeitschrift «Nature Climate Change».
Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und seine Mitarbeitenden von der britischen Universität Exeter hatten hoch aufgelöste Satellitendaten zur Veränderung der Biomasse und der Produktivität im Amazonaswald statistisch analysiert. Sie führen die nachlassende Widerstandsfähigkeit auf den Stress durch Abholzung und Brandrodungen zurück, der Einfluss des Klimawandels sei bisher nicht eindeutig feststellbar.
Besorgniserregende Beobachtung
«Eine verringerte Resilienz – die Fähigkeit, sich von Störungen wie Dürren oder Bränden zu erholen – kann ein erhöhtes Risiko für das Absterben des Amazonas-Regenwaldes bedeuten», sagt Boers. Das sei besorgniserregend.
Die aktuelle Analyse bestätige, dass eine starke Begrenzung der Abholzung sowie eine Begrenzung der globalen Treibhausgasemissionen notwendig seien, um den Amazonas zu schützen, sagt Tim Lenton, Direktor des Global Systems Institute (Exeter/Grossbritannien), der auch an der Studie beteiligt ist.
Besonders gefährdet für den Verlust der Widerstandsfähigkeit sind den Forschenden zufolge trockene Gebiete sowie solche in der Nähe von menschlichen Siedlungen.
Riesige Wüsten statt Regenwald
Der Amazonas-Regenwald speichert erhebliche Mengen an CO2 und besitzt eine Schlüsselrolle für das Weltklima und die Artenvielfalt. Er gilt als eines der Kippelemente, die das Klima auf der Welt aus dem Gleichgewicht bringen können.
Forschende warnen davor, dass sich beim Überschreiten eines Kipppunktes ein Grossteil des Amazonasgebiets in eine Savanne verwandeln könne. Wann ein solcher Übergang stattfinde, sei laut Boers noch unklar. Und wenn er zu beobachten sei, dann sei es zu spät ihn aufzuhalten.
Laut Schätzungen könne der Kipppunkt bereits bei einem Verlust von 20 bis 25 Prozent der Waldecke im Amazonasbecken erreicht werden. Folgen könnten riesige Wüsten sein sowie die weltweite Zunahme von Dürren und Überschwemmungen. Der verstorbene US-Wissenschaftler Thomas Lovejoy und der brasilianische Forscher Carlos Nobre hatten ermittelt, dass bereits 17 Prozent der ursprünglichen Waldfläche verschwunden sind.
Bolsonaro sieht wirtschaftliches Potenzial
In weiten Teilen Brasiliens herrschten im vergangenen Jahr Wassermangel und Trockenheit, die dem Klimawandel und den Abholzungen zugeschrieben werden. Der Anteil des Landes am Amazonasgebiet entspricht flächenmässig der Grösse Westeuropas. Ihm wird daher eine entscheidende Rolle beim Klimaschutz zugeschrieben.
Der rechte Präsident Jair Bolsonaro sieht im Amazonasgebiet vor allem ungenutztes wirtschaftliches Potenzial und will noch mehr Flächen für Landwirtschaft, Bergbau und Energiegewinnung erschliessen. Die Abholzung im Amazonasgebiet legte seit Bolsonaros Amtszeit erheblich zu und lag zuletzt auf Rekordniveau.