«8-M» – das Kürzel steht für den 8. März, den Tag der Frau. In Spanien hat er dieses Jahr eine besondere Bedeutung, denn am 28. April sind Wahlen. Viele befürchten, dass längst Erreichtes in der Gleichstellung verloren gehen könnte.
Auch Luisi Acevedo kann es kaum erwarten. Ein Jahr lang hat sich die Seniorin vorbereitet. Sie engagiert sich in der «Comisión 8-M», in der sich Aktivistinnen jede Woche im Quartier getroffen haben. Sie wollen Millionen Frauen auf die Strasse holen, aber das gelingt nicht durch Zufall. Soziale Medien seien zwar wichtig gewesen, aber noch wichtiger seien die direkten Begegnungen.
Millionen auf der Strasse
Die «Comisión 8-M» hat sich dafür einiges einfallen liessen, etwa einen «Laufsteg der Ausbeutung», auf dem statt Haute Couture vorzuführen, Geschichten von persönlichen Tiefpunkten erzählt werden.
Ihr Ziel ist es, das zu wiederholen, was ihnen am 8. März 2018 gelungen ist: In 200 spanischen Städten gingen Frauen auf die Strasse, um gegen ungleiche Löhne, Diskriminierung und Gewalt zu demonstrieren. Allein in Madrid waren es bis zu 600'000. Eine der grössten Demonstrationen in der Geschichte des Landes.
Das Besondere daran sei gewesen, dass die Demonstration nicht von Parteien oder Gewerkschaften ausgegangen sei, sondern von Frauen aus allen politischen Lagern, sagt Politologin Veronica Fumanal.
Gegenbewegung formiert sich
Doch darauf folgte schon bald eine Gegenbewegung – Vox. Die Partei, die bei den Regionalwahlen in Andalusien im Dezember 12 Sitze geholt hat. Vox wird von vielen Politologen als rechtspopulistisch bezeichnet. Die Partei will das «Gesetz gegen Gewalt an Frauen» abschaffen und spricht konsequent nicht von Feminismus, sondern von «Gender-Ideologie».
Aktuelle Umfragen sagen Vox bei den Wahlen am 28. April einen Stimmenanteil von 10 bis 15 Prozent voraus. Eine Minderheit zwar, aber ihr sei es gelungen, die etablierten Parteien zu beeinflussen, sagt Politologin Fumanal. Noch vor einem Jahr habe es einen politischen Konsens gegeben, was die Frauenrechte anging.
Doch das ist vorbei. Denn Pablo Casado, Chef des konservativen Partido Popular (PP), stellt öffentlich das Recht auf Abtreibung infrage. Er bezeichnet Männer, die Frauen schlagen, als Männer, die sich «unanständig verhalten» und banalisiert so Gewalt gegen Frauen. Allein letztes Jahr wurden in Spanien 47 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet.
Doch nicht nur PP, auch Ciudadanos, die sich selber als liberale Partei versteht, flirtet mit Vox. Denn beide Parteien wissen: Wenn sie nach dem 28. April regieren wollen, ohne mit den Linken zusammenzuspannen, dann brauchen sie Vox.
Frauen unterstützen Linke
Davon könnte aber auch die Gegenseite profitieren, die sozialistische Regierungspartei PSOE. In der Vergangenheit hätten jedes Mal, wenn viele Frauen an die Urne gingen, die Linken gewonnen, sagt Politologin Fumanal.
Das weiss auch die PSOE und versucht, aus dem Frauentag Profit zu schlagen. Man merke schon, dass Wahlen anstünden, sagt Aktivistin Luisi Acevedo. Bei Versammlungen des Organisationskomitees tauchten plötzlich linke Politikerinnen auf, die sich sonst nie blicken liessen.
Aber Luisi und ihre Gefährtinnen sind fest entschlossen, sich nicht instrumentalisieren zu lassen. Wenn sie am Frauentag auf die Strasse gehe, dann nicht als Parteimitglieder oder als Mitglieder der «Comisión 8-M», sondern einfach als sich selbst, als Luisi.