Zum Inhalt springen

Taipeh gegen Peking Warum Taiwan chinesische Influencerinnen ausweist

Der Konflikt mit der Volksrepublik China spielt sich auch online ab. Das hat nun Folgen für mindestens drei chinesische Frauen.

Die Ausweisungen: Taiwan hat in den letzten Wochen drei Influencerinnen ausgewiesen. Alle drei besitzen die chinesische Staatsbürgerschaft und sind mit Taiwanesen verheiratet. Die Einwanderungsbehörde teilte den Frauen mit, dass ihnen ihre Niederlassungsbewilligung entzogen worden sei und sie das Land verlassen müssten. Ansonsten würden sie deportiert.

Eine Frau mit Maske ist an einem Flughafen von Menschen umringt.
Legende: Die Influencerin Liu Zhenya musste in die Volksrepublik China zurückreisen, weil Taiwan ihr die Niederlassungsbewilligung entzog. Anadolu/Getty Images/Daniel Ceng

Die Influencerinnen: Liu Zhenya (postet als «Yaya in Taiwan») verliess Taipei am 25. März. Sie verlasse Taiwan, weil sie dessen Gesetze respektiere, sagte sie bei ihrer Abreise der Presse. «Aber ich habe nichts Falsches getan.» Die Influencerin Zhang Yan verliess Taiwan Ende März. Ihre Niederlassungsbewilligung war ihr ebenfalls entzogen worden. Zhao Chan «Xiaowei» stellte sich Anfang April den taiwanesischen Behörden, einen Tag nach Ablauf ihrer Ausreisefrist. Sie wurde nach China deportiert.

Die Begründung: Den drei Frauen wirft Taiwan vor, sie hätten in ihren Posts eine chinesische Übernahme Taiwans mit militärischen Mitteln befürwortet. Die absolute Redefreiheit gelte nicht für Äusserungen, welche die «Eliminierung Taiwans» forderten, so Präsident Lai Ching-te am Montag. Letztes Jahr seien Verfahren gegen 64 taiwanesische Bürgerinnen und Bürger eingeleitet worden, denen vorgeworfen wird, für China spioniert zu haben. Das zeige den Ernst der Lage. Taiwan könne nicht dulden, dass die existierenden Freiheiten im Land dazu genutzt würden, chinesische Propaganda zu verbreiten.

Die Einschätzung von SRF-Korrespondent Samuel Emch

Box aufklappen Box zuklappen
Mann mit Brille im Anzug vor weissem Hintergrund.
Legende: Samuel Emch berichtet für SRF aus China und Ostasien. SRF

«Die Fälle zeigen: Unter Präsident Lai gehen die Behörden in Taiwan zunehmend gegen chinesische Propaganda vor. Lai muss sich deshalb den Vorwurf gefallen lassen, die Redefreiheit einzuschränken. Ein Vorwurf, der nicht nur von den betroffenen Influencerinnen kommt, sondern auch aus gewissen intellektuellen Kreisen auf der Insel. Einen Einfluss auf die Beziehungen zu Festlandchina werden die Abschiebungen kaum haben. Viel mehr ist die Aktion Ausdruck davon, wie angespannt die Beziehungen zwischen Taipeh und Peking schon sind und davon, wie diese sich zuletzt noch einmal verschlechtert haben.»

Die Posts: «Vielleicht wache ich morgen früh auf und die ganze Insel ist voller Fünf-Sterne-Flaggen», sagte etwa Liu Zhenya («Yaya in Taiwan») in einem ihrer Online-Posts. «Dieser Gedanke erfüllt mein Herz mit Freude.» Sie postete auch wiederholt Filme, in denen ihre Tochter auch patriotische chinesische Lieder vor taiwanesischen Sehenswürdigkeiten sang. Laut der taiwanesischen Einwanderungsbehörde unterstützen solche Posts «militärische Aggressionen» und würden die Souveränität Taiwans hinterfragen. Zhao Chan «Xiaowei» postete oft Videos mit einer chinesischen Flagge im Hintergrund.

Militärübungen: Der taiwanesische Präsident Lai Ching-te hat in den letzten Wochen wiederholt bekräftigt, dass er Taiwan gegen einen allfälligen Angriff von China stärken will. China hat auf seine Äusserungen mit einer grossangelegten Militärübung rund um die ostasiatische Republik reagiert. Laut der chinesischen Volksbefreiungsarmee trainierten Luftwaffe, Marine und die Raketeneinheit in der Taiwanstrasse Angriffe auf «wichtige Ziele». 

Online-Einflussnahme: China versuche mittels Influencerinnen die taiwanesische Bevölkerung zu manipulieren, lautet der Vorwurf der Regierung in Taipeh. Ein bekannter taiwanesischer Youtuber will zudem enthüllt haben, dass zahlreiche taiwanesische Influencerinnen und Influencer für ihre chinafreundlichen Posts bezahlt worden seien. Bestätigt sind diese Vorwürfe jedoch nicht.

Die Reaktionen: In Taiwan haben die Ausweisungen eine Debatte über die freie Meinungsäusserung ausgelöst. Posts mit einer chinafreundlichen Botschaft dürfe nicht auf diese Weise bestraft werden, argumentieren Kritikerinnen. Doch es gibt auch Stimmen, welche die neue Härte der taiwanesischen Regierung unterstützen. Pro-chinesische Propaganda überflute die taiwanesischen Medien, sagt etwa ein Vertreter des Taiwan National Security Institute gegenüber den Medien.

SRF 4 News, 2.4.25, 08:20 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel