Der Mord: Am 16. Oktober 2020 war der 47-jährige Geschichtslehrer Samuel Paty in einem Pariser Vorort von einem Angreifer getötet und dann enthauptet worden. Das Verbrechen wurde als islamistisch motivierter Terrorakt eingestuft. Die Polizei erschoss den 18-jährigen Täter mit russisch-tschetschenischen Wurzeln. Vor der Tat war im Internet gegen den Lehrer gehetzt worden – er hatte im Unterricht zum Thema Meinungsfreiheit Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt.
Der Prozessstart: Heute Montag beginnt ein erster Prozess zur Aufarbeitung des Mordfalls. Der Prozess dauert bis zum 8. Dezember. Das Jugendgericht verhandelt unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Die Angeklagten: Fünf Schülern wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Sie waren zur Tatzeit 14 und 15 Jahre alt. Eine damals 13-jährige Schülerin ist ebenfalls angeklagt. Ihre falsche Anschuldigung soll den Auslöser zur Tat gegeben haben. Allen Angeklagten drohen bis zu zweieinhalb Jahre Haft.
Weitere Angeklagte: In einem Jahr ist das Verfahren gegen acht Erwachsene terminiert. Sie sollen den Angreifer teils unmittelbar bei der Vorbereitung seiner Tat unterstützt haben. Darunter befinden sich zwei Freunde des Täters, die laut Anklage in dessen Pläne eingeweiht waren. Beide sollen ihn beim Kauf von Waffen begleitet haben und einer soll ihn auch zum Tatort gefahren haben. Angeklagt ist auch der Vater der Schülerin, die die Anschuldigungen gegen Paty in Umlauf gebracht haben soll. Ebenfalls ein Mann, der Videos dazu in soziale Netzwerke gestellt haben soll.
Frankreich und der islamistische Terror: Der barbarische Mord traf das durch Terror ohnehin traumatisierte Frankreich ins Mark und löste international Entsetzen aus. An einer Gedenkfeier für Paty vor drei Jahren nahmen unter anderem der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sowie sein Vorgänger François Hollande teil. In einer emotionalen Rede sagte Macron, Paty sei das Opfer einer tödlichen Verschwörung, von Dummheit, Lüge und Hass auf andere geworden. «Wir machen weiter, Lehrer!»
Alte Wunden rissen in Frankreich bereits vor Start des jetzt anstehenden Prozesses auf: Fast auf den Tag genau drei Jahre nach dem Angriff auf Paty kam es abermals zu einer tödlichen Attacke auf einen Lehrer. Am 13. Oktober erstach ein islamistisch radikalisierter 20-Jähriger in einer Schule im nordfranzösischen Arras einen Lehrer. Wie schon bei der brutalen Attacke auf Paty sah Frankreich sein säkulares Staatswesen angegriffen – und insbesondere eine tragende Säule davon, das nationale Bildungswesen.