Mohamed Douangara protestiert in Bamako im Februar gegen die französische Militärpräsenz in Mali. Der junge Malier ist überzeugt, ohne Frankreich hätte sein Land keine Probleme.
Wir haben gelitten unter den Franzosen und stecken tief im Schlamassel.
Tatsächlich kann Frankreichs Militärmission Barkhane seit 2014 nicht viele Erfolge vorweisen. Dschihadisten und bewaffnete Banden haben ihr Territorium ausgeweitet, sie kontrollieren drei Viertel des Landes. Nach massivem Druck von Malis Militärregierung hat Frankreich Mitte Februar angekündigt, in den nächsten Monaten seine Truppen abzuziehen.
Adama Ben Diarras Spitzname lautet «Ben le Cerveau» - Ben das Gehirn. Er ist der Kopf hinter vielen antifranzösischen Protesten in Mali. Deswegen hat die EU Sanktionen gegen ihn verhängt. Diarra ist überzeugt: Frankreich will Mali bewusst spalten.
Die Franzosen haben in Kidal ein Schutzgebiet für Terroristen eingerichtet.
Als Frankreichs Militär 2013 erstmals in Mali intervenierte, hatte es innert Tagen praktisch das ganze Land von Dschihadisten befreit. In der Wüstenstadt Kidal spannten die Franzosen mit der Tuareg-Bewegung MNLA zusammen im Kampf gegen die Dschihadisten. Die MNLA ist aus Malis Perspektive ebenfalls eine terroristische Organisation. Dass die Tuaregs verschont wurden, macht viele Malier wütend und lässt Verschwörungstheorien («Frankreich will Mali spalten») gedeihen.
Zuhause im Dorf besass Bauer Zakaria Diallo über 80 Kühe. Dazu lehrte er den Koran. Als die Franzosen in Mali eingriffen, war er zunächst begeistert. Doch dann häuften sich in seinem Dorf Bulkessi Auseinandersetzungen zwischen Dschihadisten und Sicherheitskräften. Diallos Familie musste flüchten und lebt seither in einem Flüchtlingslager in der Hauptstadt Bamako.
Damals hatte ich für Frankreich applaudiert, heute würde ich das nicht mehr tun.
Über 350'000 Menschen wurden in Mali in den letzten zehn Jahren vertrieben, Zehntausende getötet - von allen Seiten. Frankreichs Armee hat im Januar 2021 eine Hochzeitsgesellschaft bombardiert. Die Franzosen behaupten bis heute, es habe sich dabei um ein Treffen von Dschihadisten gehandelt. Das nehmen ihnen viele Malierinnen und Malier übel.
Sidy Traoré rufte schon vor über einem Jahr nach den Russen. Er hat die Bewegung «Appel à la Russie» - Aufruf an Russland gegründet. Russlands Militärhilfe sei besser als jene Frankreichs, glaubt er. Denn in Syrien oder der Zentralafrikanischen Republik hätten die Russen die Regierung stabilisiert. Zudem kämpften sie Seite an Seite mit malischen Soldaten.
Die Russen helfen uns. Sie spüren die Terroristen auf und jagen sie in die Flucht!
Doch auch russische Wagner-Söldner sollen in Mali im Einsatz sein. Sie sind berüchtigt wegen ihres brutalen Vorgehens, etwa in Zentralafrika. Das macht Traoré keine Sorgen: «Seit die Russen hier sind, haben sie nicht ein einziges Mädchen vergewaltigt und unsere Rohstoffe nicht angefasst.»
Die Politologin Mariam Sidibé hat in Bordeaux studiert. «Frankreich und Mali haben eine lange gemeinsame Vergangenheit.» Wirtschaftlich gibt es viele Verflechtungen, zudem leben rund hunderttausend Malier in Frankreich. Darum glaubt Sidibé nicht an ein Ende der Partnerschaft zwischen den beiden Staaten.
Ein totaler Bruch mit Frankreich ist unmöglich.
Die militärischen Beziehungen zwischen Mali und Frankreich werden abgebrochen. Doch zur Bekämpfung des Terrors braucht es laut Politologin Sidibé eine nicht-militärische Antwort. «Mit Militär alleine kann man die Krise Malis nicht lösen.»
Cissouma Alpha steht am Busbahnhof. Es hat kaum Passagiere. Die Grenzen seien zu, erklärt der Sekretär der Transporteure. Nach dem Coup von 2020 hat die militärische Übergangsregierung Anfang 2022 den angekündigten Wahltermin um bis zu 5 Jahre aufgeschoben. Das führte zu Sanktionen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Cedeao. Frankreich habe im Hintergrund die Fäden gezogen, glauben viele in Mali.
Der Putsch war gut, doch nun ist Dialog wichtig.
Alpha unterstützt die Militärregierung: «Das Militär räumt mit der korrupten politischen Klasse auf und schafft Sicherheit.» Doch die Sanktionen sind dramatisch für die Transportunternehmer. Der freie Personenverkehr mit den Nachbarländern ist blockiert. Auch Zement wird knapp, und Geldüberweisungen nach Westafrika sind nicht mehr möglich. Die Sanktionen müssten enden, fordert Alpha: «Wir müssen mit unseren Nachbarn im Gespräch bleiben.»