Frankreich und Deutschland denken laut darüber nach, ihren Militäreinsatz in Mali womöglich bald zu beenden. Das scheint die Menschen in dem ostafrikanischen Land keineswegs zu verunsichern – sie trauen einer Zusammenarbeit mit Russland offenbar mehr Erfolg im Kampf gegen die Dschihadisten zu, wie SRF-Korrespondent Samuel Burri in Mali festgestellt hat.
SRF News: Wie wird die Diskussion um einen möglichen Abzug der Europäer in Mali wahrgenommen?
Samuel Burri: Viele Menschen zeigen sich hocherfreut. So wurden an einer Demonstration in Bamako am letzten Freitag französische Flaggen verbrannt – und Holzfiguren, die Emmanuel Macron darstellten. Auch die Militärregierung Malis will die französischen Truppen nicht mehr im Land. Bereits wurde der französische Botschafter ausgewiesen, und der Premierminister unterstellte den europäischen Truppen, sie hätten bloss das Ziel, Mali zu spalten.
Warum sind die französischen Truppen derart unbeliebt?
Frankreich hatte 2013/14 mit der Operation «Serval» zunächst zwar Erfolge im Kampf gegen Dschihadisten im Norden Malis. Frankreichs damaliger Präsident François Hollande wurde in Timbuktu bejubelt. Doch seither hat sich die Sicherheitslage in Mali stetig verschlechtert.
Seit 2014 hat sich die Sicherheitslage stetig verschlechtert.
Die europäischen Truppen wurden als passiv wahrgenommen – oder sie richteten sogar Schaden an. Vor einem Jahr bombardierten Franzosen unabsichtlich eine Hochzeitsgesellschaft. Hinzu kommt die Rhetorik aus Paris gegenüber Mali. So sagte Frankreichs Aussenminister Jean-Yves Le Drian, die Militärregierung sei «ausser Kontrolle».
In Mali sei zunehmend die russische Söldnertruppe Wagner im Auftrag der Putsch-Regierung aktiv, meldet das US-Militär. Wie steht man in Mali dazu?
Die Russen scheinen durchaus willkommen zu sein – an der erwähnten Demonstration gegen Frankreich wurden russische Fahnen geschwenkt. Auch ist die Zusammenarbeit Malis mit Moskau nicht neu: Seit längerem sind Ausbilder für Helikopter-Piloten im Land. Gegenüber der privaten Söldnertruppe Wagner herrscht dagegen eher etwas Skepsis vor.
Werden den Russen, was die Sicherheit im Land angeht, mehr Erfolge zugetraut als den Europäern?
Absolut. Es heisst, die Russen würden Seite an Seite mit den malischen Soldaten gegen die Dschihadisten kämpfen. Auch habe sich die Sicherheitslage im letzten Monat stärker verbessert als in den letzten acht Jahren mit den französischen Truppen. Das ist schwer überprüfbar.
In Mali ist in den letzten zwei Jahren gleich zweimal geputscht worden. Hat das die Sicherheitslage verbessert?
In den letzten anderthalb Jahren hat sich die Lage auf jeden Fall nicht verschlechtert. Die Frage ist aber auch, wie sich die Militärregierung in den Bereichen Wirtschaft oder Bildung schlagen wird. Von der Bevölkerung erhält die Regierung grossen Support. Denn für die Menschen in Mali hat die möglichst rasche Abhaltung von Wahlen derzeit keine Priorität.
In Afrika häufen sich in letzter Zeit Sicherheitsprobleme und Putsche. Ist Mali hier symptomatisch für ganz Afrika?
Zumindest für die Sahel-Region. Betroffen sind Länder mit schwachen Regierungen, die die Kontrolle über ihr Territorium verloren haben. Meist gab es auch Proteste der Bevölkerung, was schliesslich in einem Putsch gipfelte – wie etwa in Burkina Faso oder Guinea.
Es gibt auch in Westafrika einigermassen stabile, demokratische Regierungen.
Doch es gibt auch in Westafrika einigermassen stabile, demokratische Regierungen. Deshalb gehe ich eigentlich nicht davon aus, dass es in den nächsten Monaten in der Region zu weiteren Militärcoups kommen wird.
Das Gespräch führte Raphael Günther.