SRF News: Was können sie zu den Hintergründen der Anschläge im Sinai sagen?
Pascal Weber: Bis jetzt weiss man nicht viel. Es war offenbar eine Moschee, die einem Sufi-Orden angehört. Es gab schon früher Angriffe der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gegen einen hohen Sufi-Kleriker.
Bis jetzt ist allerdings noch nicht bekannt, ob der IS hinter dem Anschlag steckt.
Diese Moschee gehörte offenbar einer Familie, die dem Stamm Sawarka angehört. Dieser Stamm ist dafür bekannt, dass er die Regierung unterstützt. Das alles spricht dafür, dass tatsächlich der IS für den Anschlag verantwortlich ist. Es kann auch sein, dass er in Zusammenarbeit mit anderen dschihadistischen Gruppierungen verübt worden ist.
Der Grenzübergang zwischen dem Gazastreifen und Ägypten war vor kurzem für drei Tage geöffnet. Sehen sie da einen Zusammenhang mit dem Anschlag?
Ich sehe da kaum einen Zusammenhang, aber natürlich kann man das nicht ganz ausschliessen. Viele dieser dschihadistischen Gruppierungen rivalisieren auch innerhalb des Gazastreifens, oder versuchen sich dort festzusetzen, wie etwa der IS. Ein offener Grenzübergang bedeutet in diesem Fall auch nicht wirklich offen. Die Ägypter lassen nur eine kleine Anzahl Leute, die bestimmte Vorgaben erfüllen, über die Grenze. Es können verwundete Personen sein oder Menschen, die Verwandte in Ägypten haben. Ich sehe diesen Anschlag aber eher im ägyptischen Kontext.
Was können sie zur allgemeinen Lage in Ägypten sagen?
Es ist der pure Horror. Es ist schrecklich. Aber es ist nicht überraschend. Verschiedene dschihadistische Gruppen, darunter auch der IS, führen auf dem Sinai seit mehr als vier Jahren einen blutigen Terrorkrieg gegen die ägyptische Staatsmacht.
Dieser Anschlag zeigt, dass Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi und die ägyptische Militärregierung die Situation nicht in den Griff bekommen. Für den Präsidenten al-Sisi ist dies ein enormer Rückschlag. Schliesslich ist er vor bald vier Jahren mit dem Versprechen angetreten, Sicherheit und Stabilität zurückzubringen. Was ihm offensichtlich nicht gelingt.
Das Gespräch führte Manuela Kosch.