Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat offenbar ihr Einflussgebiet im Osten Syriens ausgeweitet. Nach heftigen Gefechten vertrieben die Extremisten die Regierungstruppen vom strategisch wichtigen Militärflughafen Al-Tabka. Sollte die IS-Miliz den Flughafen unter Kontrolle behalten, beherrscht sie die Provinz Al-Rakka vollständig. Die Extremisten kontrollieren bereits grosse Regionen Syriens und Iraks.
Die Kämpfe kosteten mindestens 500 Menschen das Leben. Unter den Toten: 346 IS-Kämpfer und mehr als 170 Soldaten der syrischen Armee. Zudem hat die Terrorgruppe mindestens 150 Soldaten eingekesselt. Sie sind offenbar nun in Gefangenschaft. Das berichtet die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
«Evakuierung des Flughafens»
Eine Bestätigung durch unabhängige Quellen fehlt – wie so häufig in diesem Konflikt. Die in Grossbritannien ansässige Organisation beruft sich auf Quellen vor Ort. Ihrer Auskunft nach verlagerten sich die Kämpfe am Sonntag auf das Gelände des Militärflughafens.
Ein Augenzeuge sagte, in der IS-Hochburg Al-Rakka sei der Erfolg mit Lautsprecherdurchsagen in Moscheen und Gewehrschüssen gefeiert worden. Das syrische Staatsfernsehen sprach hingegen von einer «erfolgreichen Evakuierung des Flughafens». Nach heftigen Kämpfen gruppiere das Militär seine Streitkräfte neu.
Schweres Gerät in Händen der IS-Miliz
Es handle sich beim Flughafen Al-Tabka um eine sehr grosse Militäranlage mit Panzern, Helikoptern und Jets, erklärt Tomas Avenarius. Er arbeitet als Korrespondent für «Tages-Anzeiger» und «Süddeutsche Zeitung». «Doch dass der IS nun mit diesen Jets etwas anfangen kann, würde ich bezweifeln», sagt er gegenüber SRF. Dafür brauche es schliesslich ausgebildete Piloten.
Das militärische Gleichgewicht verschiebe die Einnahme des Stützpunktes der syrischen Armee aber trotzdem. «Dadurch dass die Armee jetzt diese wichtige Basis verloren hat, ist es schwieriger, den ganzen Nordosten des Landes militärisch zu bestreiten.» Assads Truppen bekämpften ihre Gegner auf dem flachen Land nämlich meist aus der Luft.
US-Bürger nach zwei Jahren frei
Unterdessen ist ein lange Zeit in Syrien verschollener US-Bürger freigelassen worden. Der vor zwei Jahren verschleppte Peter Theo Curtis sei in Sicherheit und werde bald seine Familie wiedersehen, sagte die Nationale Sicherheitsberaterin der USA, Susan Rice.
Curtis befand sich seit zwei Jahren in den Händen des syrischen Al-Kaida-Ablegers, der Al-Nusra-Front. Seine Entführung wurde jedoch geheim gehalten. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurde Curtis am späten Sonntagnachmittag den UNO-Blauhelmen auf den Golanhöhen übergeben und nach Überprüfung seines Gesundheitszustands von einem Vertreter der US-Regierung in Empfang genommen.
Katar sass am Verhandlungstisch
Curtis' Mutter erklärte, Vertreter Katars hätten sich um die Freilassung ihres Sohnes bemüht. US-Aussenminister John Kerry erklärte, die USA hätten mehr als zwei Dutzend Staaten gebeten, sich für die Freilassung von Curtis und allen anderen US-Geiseln in Syrien einzusetzen.
Dass der 45-Jährige nun wieder frei sei, sei insbesondere nach der «unsagbaren Tragödie» in dieser Woche – der Ermordung der US-Geisel James Foley – für alle eine grosse Erleichterung. Angaben seiner Familie zufolge arbeitet Curtis als Schriftsteller und freier Journalist.
Auch ein Deutscher freigelassen
Der Zeitung «Welt am Sonntag» zufolge kam auch ein 27-jähriger Deutscher nach rund einjähriger Geiselhaft in Syrien frei. Der Mann, der als humanitärer Helfer nach Syrien kam, wurde demnach im Juni 2013 von Kämpfern der extremistischen IS-Miliz verschleppt. Für seine Freilassung habe es eine «substanzielle Gegenleistung» gegeben, hiess es in dem Bericht unter Berufung auf Angaben aus Ermittlerkreisen.