Per Handzeichen vermittelt mir Affenhalter Chart, man solle ein paar Schritte zurückweichen. Wenige Sekunden später fällt eine Kokosnuss auf den Boden.
Rund 300 Kokosnüsse am Tag pflückt Kai. Kai, so heisst der junge Makake, der flink auf der Palme herumturnt, und mit seinen kleinen Händen geschickt Kokosnüsse so lange dreht, bis sie herunterfallen. Um den Hals trägt er eine Kette, daran ist ein langes Seil befestigt. Das andere Ende hält Chart, sein Besitzer. Er ruft Kai vom Boden aus Kommandos zu.
Um sechs Uhr früh fahre er von zu Hause los, erklärt Chart, um sieben Uhr beginne er die Arbeit auf der Plantage – und um zehn seien sie mit der Arbeit fertig. Wegen der Hitze könnten die Affen nur vormittags arbeiten.
«Affen können aggressiv sein»
Auch wenn Kai nicht arbeitet, bleibt er angekettet. Affen könnten aggressiv sein, sagt Halter Chart. Manchmal müsse er sie auch schlagen; aber das komme nicht oft vor. Der Halter besteht darauf, dass es seinen Affen gut gehe.
Ganz anders sieht das die internationale Tierschutzorganisation «Peta». Sie hat in den vergangenen Jahren insgesamt drei Untersuchungsberichte zum Einsatz von Makaken in der thailändischen Kokosnuss-Industrie veröffentlicht.
Viele dieser Makaken würden als Babys in der Wildnis gefangen, also ihren Müttern entrissen, erklärt Ashley Fruno von «Peta Asien». Die Affen werden angekettet und isoliert gehalten, obschon sie eigentlich sehr soziale Tiere seien.
Die Untersuchungen von «Peta» sorgten international für viel Kritik. Mehrere Supermarktketten distanzierten sich von thailändischer Kokosmilch oder verlangten von den Herstellern, sicherzustellen, dass in der Herstellung keine Affen zum Einsatz kämen.
Ashley Fruno ist skeptisch, denn: Die thailändische Kokosnussindustrie sei wenig reguliert.
«Zu viel Kritik aus dem Ausland ist kontraproduktiv»
Die Vorwürfe aus dem Ausland sind den Affenhaltern hier bestens bekannt. Sie seien sehr unfair, sagt zum Beispiel der 35-jährige Affenhalter Win. Sie hielten schon seit Generationen Affen zum Kokosnusspflücken. Von Tierquälerei will er nichts wissen. Im Gegenteil: Er liebe seine Affen wie die eigenen Kinder.
Zu viel Kritik aus dem Ausland sei kontraproduktiv, findet Edwin Wiek. Der gebürtige Niederländer ist Gründer und Direktor der Wildlife Friends Foundation Thailand – einer Auffangstation für Wildtiere.
Auch seine Organisation strebe ein Ende der Affen in der Kokosnuss-Industrie an, aber bis es so weit sei, helfe man den betroffenen Affen. Seine Organisation bietet auch medizinische Hilfe an.
Edwin Wiek geht einen anderen Weg als die Tierschutzorganisation Peta: So pflegt er auch enge Beziehungen zu den thailändischen Behörden, den Affenhaltern und zur Industrie. Er berät zudem das thailändische Parlament in Tierschutzfragen.
«Kokosnussaffen sind 24 Stunden am Tag angekettet»
Neben weiteren geretteten Wildtieren leben in der Auffangstation der Wildlife Friends Foundation derzeit rund 100 ehemalige Kokosnussaffen. Das ältere Makaken-Weibchen Bella ist eine davon.
«Bevor sie zu uns kam, war sie an der Kette, wie alle Kokosnussaffen. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche», erklärt Wiek, während Bella Edwin Wieks Haar durchsucht und seine Finger inspiziert.
Nachdem die Affen bei ihm angekommen seien, würden sie sich allmählich wieder wie Wildtiere benehmen, sagt Wiek.
Wirklich in die Wildnis zurückkehren, sagt Wiek, könnten sie jedoch nicht. Schon gar nicht ältere Affen wie Bella, die als Baby gefangen worden seien und fast ihr ganzes Leben in Gefangenschaft verbrachten hätten.