Die jährliche Gedenkfeier in Hongkong an das Massaker auf dem Tiananmen-Platz in Peking hat Tradition. Mit Kerzen, Transparenten und Schweigeminuten gedenken die Hongkongerinnen und Hongkonger seit über drei Jahrzehnten den damaligen Ereignissen in Peking. Während das Thema auf dem chinesischen Festland tabu ist und zensuriert wird, war der Gedenktag in der Sonderverwaltungszone Hongkong möglich.
Im vergangenen Jahr dann liessen die Behörden die Veranstaltung verbieten – offiziell wegen Corona. Tausende liessen sich nicht davon abhalten und gingen trotzdem auf den Platz im Victoria Park und zündeten Kerzen an.
Kritik an Machthabern
Dieses Jahr wollen die Behörden dies mit einem Grossaufgebot verhindern. Eine wichtige Organisatorin der Gedenkfeier, die bekannte Aktivistin und Anwältin Chow Hang-tung, wurde bereits am Freitagvormittag festgenommen.
Damit sollen auch gewöhnliche Bürgerinnen und Bürger abgeschreckt werden, gar nicht erst auf den Platz zu gehen. Denn der Hongkonger Regierung und der Regierung in Peking war die Veranstaltung schon lange ein Dorn im Auge. Sie würde die Gedenkveranstaltung wohl am liebsten für immer abschaffen.
Teil der Hongkonger Identität
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer drücken mit der jährlichen Gedenkfeier auch ihre Unzufriedenheit gegenüber der chinesischen Regierung aus. Die Kundgebung wurde Teil einer Hongkonger-Identität, mit der die Bewohner der Stadt den Unterschied zum restlichen China markierten, wo das Tiananmen-Massaker zensuriert wird.
Auch wenn das jährliche Kerzenmeer im Victoria Park verboten wurde, die Erinnerungskultur kann die Regierung damit nicht auslöschen. So haben viele Hongkongerinnen und Hongkonger einfach bei sich zu Hause eine Kerze angezündet, Studentinnen und Studenten haben vor einem bekannten Monument Blumen niedergelegt: im Gedenken an die Opfer und aus Protest gegen die Regierung.