Österreich: «B'soffene (und andere) G'schichten»
Korrespondent Peter Balzli: In keinem anderen Land der EU bekommen die politischen Parteien so viel Geld von der öffentlichen Hand wie in Österreich. Einschränkungen und Transparenzregeln für private Zahlungen an die Parteien gibt es kaum. Es gibt weder ein Verbot anonymer Parteispenden noch eine eigene Kontrollinstanz.
Auf seiner Website schreibt der Rechnungshof: «Das vom Nationalrat beschlossene Parteiengesetz 2012 sollte umfassende Transparenz im Hinblick auf die Parteienfinanzierung schaffen. Diese Transparenz wurde jedoch in wesentlichen Bereichen nicht erreicht.» Hauptgrund: Der Rechnungshof kann keinen Einblick in das Rechnungswesen der Parteien nehmen.
Dass die bestehenden Regeln in der Vergangenheit schamlos umgangen wurden, legte spätestens der Skandal um das Ibiza-Video an den Tag. Dort erklärte der spätere FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache vor einer versteckten Kamera einer vermeintlichen russischen Oligarchentochter, dass die Parteispenden keinesfalls an seine Partei, sondern an (angeblich gemeinnützige) Vereine fliessen müssten.
USA: Geld regiert die Welt?
Korrespondent Matthias Kündig: Schon 1895 sagte ein Senator ironisch: «In der US-Politik sind zwei Dinge wichtig: das Geld und an das zweite kann ich mich nicht erinnern.» Geld sammeln für den nächsten Wahlkampf gehört in der Tat zu den wichtigsten Beschäftigungen von US-Politikern. Zwar können Kandidierende staatliche Gelder für den Wahlkampf beantragen, diese sind aber mit strengen Auflagen verbunden. Deshalb stammt der grösste Teil aus Spenden von Privaten.
Bei direkten Zuwendungen für die Kandidatinnen und Kandidaten gibt es gesetzliche Obergrenzen und Deklarationspflichten. Zudem sind Unternehmen und Gewerkschaften davon ausgeschlossen. Keinen solchen Restriktionen unterliegen seit rund zehn Jahren jedoch die unabhängigen Aktions-Komitees, die sogenannten Super-PACs. Seither fliesst immer mehr Geld aus unbekannten Quellen in die US-Politik.
Deutschland: Fehltritte im Superwahljahr
Korrespondentin Bettina Ramseier: Parteien in Deutschland müssen jährlich über ihre Einnahmen berichten. Im Verhältnis dazu erhalten sie vom Staat zusätzliche Gelder. Zuletzt gab es insbesondere für die AfD mehrere Bussen wegen Spenden-Skandalen. Auch Bundestagsabgeordnete müssen sich an Transparenzregeln halten, diese wurden gerade verschärft. Neu müssen Nebeneinkünfte über 3000 Euro im Jahr gemeldet werden.
Abgeordnete der Union aus CDU/CSU haben mit Abstand die höchsten Nebeneinkünfte. Sie wehrten sich lange gegen mehr Transparenz und stimmten erst zu, nachdem diverse CDU- und CSU-Politiker wegen mutmasslicher Korruption in Millionenhöhe zurücktreten mussten. Aktuell steht die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in der Kritik, weil sie Weihnachtsgeld, das sie von ihrer Partei erhalten hatte, verspätet offenlegte.
Grossbritannien: Wolken über Westminster
Korrespondent Patrik Wülser: In Grossbritannien erhalten die politischen Parteien keinerlei finanzielle Unterstützung vom Staat. Neben den Mitgliederbeiträgen sind deshalb Spenden aus der Wirtschaft und von Organisationen die wichtigste Einnahmequelle. Seit 2001 gibt es ein umfangreiches Regelwerk, welches die Transparenz der Parteienfinanzierung sicherstellen soll. Die Parteien sind verpflichtet, regelmässig einen Rechenschaftsbericht über ihre Finanzflüsse vorzulegen. Auf nationaler Ebene müssen Partei-Spenden ab einer Höhe von umgerechnet 6300 Franken, auf lokaler Ebene bereits ab 1300 Franken deklariert werden.
Die Kontrolle der Rechenschaftsberichte wird von der «Electoral Commission» vorgenommen, die vom britischen Parlament eingesetzt wird. Die Einführung der Transparenzregeln war eine Folge von zahlreichen Skandalen und Bestechungsfällen. Bei allen grossen Parteien wurden zuvor Fälle aufgedeckt, bei denen Zuwendungen mit bestimmten politischen Entscheidungen, der Vergabe von Adelstiteln oder anderen Gefälligkeiten in Verbindung gebracht werden konnten.
Frankreich: Finanztransparenz in der Theorie
Korrespondent Daniel Voll: Theoretisch leben Frankreichs Parteien von Beiträgen von Mitgliedern und Amtsträgern. Spenden durch private Gönner oder Unternehmen sind dagegen verboten. Bei Wahlkämpfen können die Parteien ihre Ausgaben vom Staat rückerstatten lassen, wenn ihre Kandidatinnen und Kandidaten einen Stimmenanteil von mindestens fünf Prozent erreicht haben. Dies sagt das Gesetz – die Wirklichkeit sieht anders aus, wie eine ganze Reihe von Gerichtsverfahren der letzten Jahre zeigt.
Ein zweites Muster: Parteien finanzieren Angestellte über eine fiktive Beschäftigung als Mitarbeitende ihrer Vertreter im Europäischen Parlament. Gegen mehrere Parteien laufen derzeit Untersuchungen wegen solcher Scheinbeschäftigungen: Das «Rassemblement national» von Marine Le Pen, «La France Insoumise» von Jean-Luc Mélenchon sowie «MoDem» von François Bayrou.