Darum geht es: In Paris suchen die libyschen Konfliktparteien nach einem politischen Durchbruch für das vom Bürgerkrieg zerrissene Land. An dem von UNO-Sondervermittler Ghassan Salame und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron organisierten Treffen soll ein Zeitplan bis hin zu Wahlen noch in diesem Jahr vereinbart werden.
Plan zur Stabilisierung des Landes: Ein 13-Punkte-Plan dient als Verhandlungsgrundlage. Er sieht etwa die Einigung auf eine Zentralbank, die Bildung einer libyschen Armee sowie eine nationale politische Konferenz innerhalb von drei Monaten und Wahlen noch in diesem Jahr vor. «Die meisten Punkte des Plans sind praktisch unumstritten», sagt die Journalistin Astrid Frefel in Kairo. Das grosse Problem von solchen Plänen sei in der Vergangenheit aber stets die Umsetzung gewesen. «Deshalb ist auch dieser Plan vor allem Wunschdenken.»
Nationale Wahlen als Ausweg? Libyen ist seit Jahren durch zwei rivalisierende Machtblöcke – einer befindet sich in Tripolis, der andere in Benghasi im Osten des Landes – blockiert. Ein Abkommen von 2015 sollte diese Blockade überwinden. Doch diese Bemühungen werden inzwischen auch von der UNO und deren Vermittler Salame als gescheitert angesehen. Wahlen im ganzen Land sollen deshalb eine Lösung und eine Einheitsregierung bringen. Zu den Gesprächen nach Paris sind denn auch sowohl Libyens Ministerpräsident Fajes al-Serradsch aus Tripolis als auch der im Osten des Landes herrschende Milizenchef Chalifa Haftar gereist.
Eine Frage der Sicherheit: Um einigermassen faire Wahlen durchzuführen, muss minimale Sicherheit in Libyen herrschen. «Die Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Monaten zwar etwas verbessert, doch sie bleibt sehr fragil», sagt die Journalistin Frefel. So flammten in verschiedenen Regionen immer wieder Gefechte zwischen verfeindeten Milizen auf, zuletzt in der Stadt Saba im Süden oder in Derna im Osten. Zudem hat der tödliche Anschlag auf die Wahlkommission am 2. Mai in Tripolis gezeigt, dass gewisse Kräfte die Wahlen im ganzen Land mit allen Mitteln verhindern wollen.
Die Milizen entmachten: Eine Stabilisierung in Libyen und die Schaffung einer nationalen Armee kann nur gelingen, wenn die Milizen entmachtet werden. Doch dies dürfte nicht einfach werden: So haben sich 13 Milizen, darunter die einflussreichen Gruppen aus Sintan und Misrata, gegen die Pariser Konferenz ausgesprochen. Die Milizen wehren sich gegen jede Einmischung von aussen und wollen eine libysche Lösung. Der Status quo kommt ihnen zupass: «Die momentane Situation ermöglicht es den Milizen, ihre Machtposition für persönliche Bereicherung auszunützen», sagt Frefel.
Ein Wandel von unten? Ein zwischen einem westlichen und einem östlichen Machtzentrum geteiltes Land, mächtige und unkontrollierte Milizen: Wahrlich keine einfache Aufgabe für die Konferenz in Paris. Die Hoffnung ruht deshalb auf der erwähnten nationalen Konferenz, an der die Zukunft Libyens an die Hand genommen werden soll. Als Vorbereitung auf eine solche Konferenz wurden im ganzen Land dutzende Veranstaltungen mit tausenden Teilnehmern aus der Bevölkerung abgehalten. Dort zeigte sich, dass die Libyer die Spaltung überwinden und Frieden wollen. «Positive Entwicklungen kommen also von der lokalen Ebene», stellt Frefel fest.