- Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat sich bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin über Druck des Westens auf sein Land beklagt.
- Die nach der erzwungenen Landung eines Flugzeuges vereinbarten EU-Sanktionen würden die staatliche Fluglinie Belavia bestrafen, obwohl sie nichts mit dem Vorfall zu tun habe.
- Zwischenzeitlich setzten die USA eine Reihe von Strafmassnahmen gegen belarussische Firmen wieder in Kraft.
Belarus hatte am Sonntag eine Passagiermaschine in Minsk zur Landung gezwungen und anschliessend den Regimekritiker Roman Protassewitsch festgenommen. Als Antwort darauf haben die EU-Staats- und Regierungschefs am Dienstag neue Sanktionen auf den Weg gebracht.
Ebenfalls festgenommen wurde Protassewitschs Freundin Sofia Sapega, die russische Staatsbürgerin ist. Belavia musste nach einer EU-Entscheidung über Flugverbote seine Verbindungen in die EU-Staaten einstellen. Westliche Airlines umfliegen den belarussischen Luftraum.
Auch USA verhängen Sanktionen
Putin kritisierte bei dem Treffen, dass 2013 das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten zur Landung gezwungen worden sei, ohne dass es Reaktionen der EU gegeben habe. «Damals herrschte Ruhe», meinte Putin mit Blick auf die US-Operation. Die bolivianische Maschine war damals zu einer ungeplanten Landung in Wien gezwungen worden, weil angenommen wurde, der von den USA gesuchte Ex-Geheimdienstler Edward Snowden befände sich an Bord.
Die USA würden nun eine Reihe von Strafmassnahmen gegen neun staatliche belarussische Firmen wieder in Kraft gesetzt, sagte eine Sprecherin des Weissen Hauses. Zudem würden gemeinsam mit der EU und anderen Partnern gezielte Sanktionen gegen «Schlüsselfiguren» des belarussischen Regimes vorbereitet.
Lukaschenko mit Dokumenten im Gepäck
Lukaschenko sagte, dass er Dokumente mitgebracht habe, um Versuche zu beweisen, die Lage in Belarus wie im vergangenen August zu destabilisieren. Damals gab es Massenproteste gegen den als «letzten Diktator Europas» kritisierten Lukaschenko, der sich zum Sieger einer umstrittenen Präsidentenwahl erklärt hatte. Putin hatte Lukaschenko als Sieger anerkannt, die EU nicht.
Die belarussische Opposition und der Westen fordern weiter einen Rückzug Lukaschenkos und Neuwahlen. Die EU-Kommission legte einen Plan für ein drei Milliarden Euro starkes Unterstützungspaket für Belarus vor. Es soll aktiviert werden, «sobald Belarus einen demokratischen Übergang eingeleitet hat», wie die Brüsseler Behörde am Freitag mitteilte. Bereits beim EU-Gipfel Anfang der Woche war das Drei-Milliarden-Paket angesprochen worden, nun sollen die EU-Staaten darüber beraten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte an die Behörden in Belarus gewandt: «Kein noch so grosses Mass an Repression, Brutalität oder Zwang wird Ihrem autoritären Regime irgendeine Legitimität verschaffen.» Zudem höre und sehe man den Wunsch des belarussischen Volks nach Veränderung, Demokratie und einer guten Zukunft.
Anwältin: Protassewitsch geht es gut
Vier Tage nach der Festnahme durfte Regimekritiker Protassewitsch derweil seine Anwältin Inessa Olenskaja sehen. «Alles ist gut, er ist guter Dinge, positiv und fröhlich», sagte Olenskaja der unabhängigen Nachrichtenagentur Belapan am Donnerstagabend. Aus Verschwiegenheitsgründen könne sie nicht mehr sagen.