- Bei den neuen Verhandlungen in Wien über das iranische Atomprogramm hält der Iran eine Einigung für möglich.
- «Wir haben heute die Ergebnisse der Expertenrunden überprüft. Und es scheint, dass eine neue Einigung erzielt werden könnte.», sagte der iranische Vize-Aussenminister Abbas Araghchi in Wien.
- Dort finden seit vergangener Woche Gespräche mit dem Ziel statt, das internationale Atomabkommen mit Iran zu retten.
Der Iran hat laut Araghchi einen Fahrplan entworfen, auf dessen Basis eine Rückkehr des Iran zu technischen Verpflichtungen im Atomabkommen sowie zur Aufhebung der US-Sanktionen ermöglicht werden könnte. Bis dahin sei es zwar noch weit hin, da es weiter Differenzen mit den USA gebe, aber die Verhandlungspartner seien auf dem richtigen Weg.
Das 2015 geschlossene Wiener Abkommen sollte den Iran an einer Atomrüstung hindern, ohne ihm die zivile Nutzung der Kernkraft zu verwehren. Im Gegenzug sollten Sanktionen gegen den Iran aufgehoben werden.
Erst Uran angereichert, dann Einigung erwähnt
In der Nacht zum Freitag hatte der Iran nach Angaben von Atomchef Ali Akbar Salehi erstmals sein Uran auf bis zu 60 Prozent angereichert. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigte am Samstagabend nach einer Inspektion der Atomanlage Natans, dass der Produktionsprozess dort begonnen habe.
Der genaue Anreicherungsgrad werde noch analysiert, sagte ein IAEA-Sprecher in Wien. Erlaubt sind laut Atomabkommen nur 3.67 Prozent. Präsident Hassan Ruhani zufolge könnte der Iran sein Uran nun auch auf 90 Prozent anreichern und damit atomwaffentauglich machen – wolle dies aber nicht tun.
Andere Länder reagierten auf Urananreicherung
US-Präsident Joe Biden nannte den Vorstoss aus Teheran keineswegs hilfreich. Die Sprecherin des Weissen Hauses, Jen Psaki, sprach von einer Provokation, die an der Ernsthaftigkeit Teherans bezüglich neuer Atomverhandlungen zweifeln lasse.
Ein Sprecher des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell sagte, aus EU-Sicht gebe es für das Handeln keine glaubwürdige Erklärung oder nichtmilitärische Rechtfertigung.
Der russische Diplomat Michail Uljanow schrieb am Nachmittag bei Facebook, das Treffen in Wien sei vorerst beendet. «Die Teilnehmer zeigten sich entschlossen, die Verhandlungen fortzusetzen, um den Prozess so schnell wie möglich erfolgreich abzuschliessen.» Die bisher erzielten Fortschritte seien «zur Kenntnis» genommen worden.
In Wien wird weiter verhandelt
Seit letzter Woche wird in Wien über die Rettung des Atomabkommens von 2015 verhandelt. Diplomaten aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Russland und China versuchen, sowohl die USA als auch den Iran von einer Rückkehr zum Atomdeal und dessen vertragsgerechter Umsetzung zu überzeugen.
Die USA stiegen 2018 aus dem Abkommen aus, und ein Jahr später hat dann auch der Iran gegen fast alle technischen Vorgaben in dem Deal verstossen. Mit einer höheren Urananreicherung will der Iran den Druck auf die sechs Unterzeichnerstaaten des Wiener Atomabkommens erhöhen, damit die US-Sanktionen zurückgenommen werden.
Ausserdem ist die Massnahme laut Präsident Ruhani eine Reaktion auf einen Sabotageangriff auf die Atomanlage Natans vom vergangenen Sonntag. Für den Sabotageakt machte er Israel verantwortlich. Die israelische Regierung äusserte sich nicht zu den Vorwürfen.
Unruhen um Irans Atomprogramm wegen Trump
US-Präsident Donald Trump hatte im Mai 2018 einseitig das Atomabkommen verlassen. Trump argumentierte, dass der Deal dem Iran nicht den Weg zu einer Atomwaffe versperre und keinen ungehinderten Zugang für Inspektoren zu bestimmten Militärkomplexen erlaube.
Mit einer Politik des maximalen Drucks wollte die damalige US-Regierung die Führung in Teheran zwingen, ein Abkommen mit härteren Auflagen zu verhandeln. Trumps Nachfolger Joe Biden sucht jetzt nach einem Weg zurück zu den Vereinbarungen. Das Zeitfenster ist relativ klein, weil im Juni im Iran eine Präsidentenwahl ansteht.
Die US-Sanktionen haben die Wirtschaftskrise im Iran weiter verschärft. Insbesondere der Ölexport, die Haupteinnahmequelle des Landes, ist blockiert. Experten in Teheran sagen, ein Ende der über zweijährigen Krise sei ohne eine politische Lösung mit den USA nicht machbar. Ausserdem nützten iranische Hardliner die Krise aus, um gegen den moderaten Präsidenten Ruhani Stimmung zu machen und somit die Präsidentenwahl zu ihren Gunsten zu entscheiden.