Das ist passiert: Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un will sich offenbar Mitte September mit Kremlchef Wladimir Putin im russischen Wladiwostok treffen, um über Waffenlieferungen zu verhandeln. Das berichtete die «New York Times» Anfang Woche. Bisher hat noch keines der Länder ein Treffen bestätigt.
Die USA haben Nordkorea für den Fall von Waffenlieferungen an Russland bereits mit Konsequenzen gedroht. Das kommunistische Land werde in der internationalen Gemeinschaft einen Preis dafür zahlen, sagte ein nationaler Sicherheitsberater der USA am Dienstag vor den Medien.
Das erhofft sich Nordkorea: Russland sei für Nordkorea eine wichtige und interessante Quelle für strategische Rohstoffe wie Erdöl, sagt Rüdiger Frank, Professor für Ostasienwissenschaften an der Universität Wien. «Was den Westen besonders beunruhigen dürfte, ist die Möglichkeit, dass Russland inzwischen bereit sein dürfte, fortgeschrittene Militärtechnologie an Nordkorea zu liefern», sagt der Ostasienexperte. Damit könnte Nordkoreas Militär noch gefährlicher werden.
Das hat Nordkorea zu bieten: Nordkorea sei für Russland strategisch interessant, sagt Frank. Russland versuche als Reaktion auf die westlichen Bündnisse wie die Nato, Gegenbündnisse aufzubauen. Deshalb suche Russland nach Alliierten.
Nordkorea hat ausserdem eine sehr gut ausgebaute Militärindustrie und produziert schon seit Jahrzehnten eigene Munition und eigene Waffen. «Wir wissen darüber hinaus, dass Nordkorea selbst in der Vergangenheit auch schon sehr häufig als Exporteur von Waffen aufgetreten ist, wobei die Kunden eher Länder aus der Dritten Welt gewesen sind», erklärt Frank. Deshalb seien Waffenexporte nach Russland relativ ungewöhnlich.
So realistisch sind Waffenlieferungen: Technisch gesehen stellt der Ostasienexperte ein grosses Fragezeichen hinter einen Waffendeal zwischen den beiden Ländern. «Nordkoreas Produktionskapazitäten sind begrenzt.» Hinzu komme, dass Nordkorea die eigenen Reserven nicht auflösen werde, da es diese selbst brauche.
Auch die Transportmöglichkeiten der Waffen seien begrenzt. «Nordkorea ist 9000 Kilometer entfernt vom Kriegsschauplatz in der Ukraine», so Frank. Es gebe zwar die Transsibirische Eisenbahn, doch man müsse bedenken, dass auch die Ukraine grosse Schwierigkeiten habe, ihr Getreide auf dem Landweg zu transportieren. Der Seeweg wiederum sei für nordkoreanische Waffenlieferungen an Russland absolut undenkbar, weil die Amerikaner diesen unter Kontrolle hätten.
Das würden Waffenlieferungen für den Ukraine-Krieg bedeuten: Der Ostasienexperte beschreibt mögliche Lieferungen als «Tropfen auf den heissen Stein». Zwar gebe es von russischer Seite keine politischen Vorbehalte, da Russland damit argumentiere, dass die Ukraine auch von westlichen Ländern beliefert werde. Doch angesichts der Menge hätten die Lieferungen eher einen symbolischen Wert und keinen kriegsentscheidenden, so Frank.