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Geburtenförderung in Ungarn
Aus Rendez-vous vom 11.02.2019. Bild: Reuters
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Trommelfeuer vor Europawahl Orban bläst zu «finaler Schlacht» – und setzt Babyprämie aus

Mit fremdenfeindlichen Tönen rührt Ungarns Premier die Wahlkampftrommel – und verkündet Anreize zum Kinderkriegen.

«Im Vorfeld der europäischen Wahlen hat Europa erneut den Punkt erreicht, an dem wir unsere ungarische Identität, unser christliches Erbe verteidigen müssen», sagte Orban am Sonntagabend in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation in Budapest.

Orban nannte die bevorstehenden Wahlen zum Europaparlament eine «finale Schlacht». Mit Blick auf die EU sagte der Regierungschef, die «neue Hochburg der Internationalen heisst Brüssel und ihr Mittel ist die Einwanderung». Einwanderung führe aber zu «einem Anstieg der Kriminalität, insbesondere gegen Frauen» und lasse den Virus des Terrorismus eindringen.

Orban prangert «Soros-Kandidaten» an

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Orbans Fidesz-Partei gehört im EU-Parlament der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) an. Dem Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten, Frans Timmermans, warf Orban vor, die «Liste der Pro-Einwanderung-Parteien» anzuführen und der Kandidat des ungarischstämmigen US-Milliardärs George Soros zu sein, der ein einflussreicher Widersacher von Orban ist.

Orban zeigte sich besorgt über die «Umgestaltung von früher christlichen Ländern». In Einwanderungsländern entstünden «christlich-muslimische Welten», in denen der Anteil der Christen kontinuierlich schrumpfe. Einmal im Gang, könne die Entwicklung nicht umgekehrt werden.

«Ungarns Antwort» auf Bevölkerungsschwund

Derlei Töne sind nicht neu. Allerdings wartete der ungarische Regierungschef in seiner Rede auch mit einem konkreten politischen Vorhaben auf: den Bevölkerungsschwund im Land beheben.

Orbans Plan: Er will die Ungarinnen mit beträchtlichen finanziellen Anreizen dazu bewegen, mehr Kinder zu gebären. «Das ist die Antwort der Ungarn auf den Geburtenrückgang, nicht die Migration», sagte der Regierungschef.

Orbans Babyprämie

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Mit finanziellen Anreizen will die Regierung Orban junge Frauen dazu bringen, drei oder mehr Kinder zu bekommen. Bei der Heirat sollen sie zum Beispiel einen Kredit von umgerechnet rund 35'000 Franken erhalten. Dieser wird ihnen dann bis zum dritten Kind schrittweise erlassen. Nach der Geburt des dritten Kindes dürfen sie das Geld ganz behalten. Zudem will die Regierung noch dieses Jahr 10'000 neue Krippenplätze schaffen. Orban führt damit seine Politik zur Förderung von Familien weiter.

Ungarn leidet auch an akutem Fachkräftemangel. Diesen werden Kinder, die heute auf die Welt kommen, nicht beheben können. «Das weiss auch Orban», sagt SRF-Osteuropa-Korrespondent Roman Fillinger: «Deswegen will er auch die Zahl der Krippenplätze erhöhen, damit ungarische Frauen nicht nur mehr Kinder bekommen, sondern auch mehr arbeiten.»

Den Bevölkerungsschwund und Fachkräftemangel mit mehr Zuwanderung zu lindern, steht nicht zur Debatte: «Für Orban kommt mehr Migration nicht infrage», so Fillinger.

Durchaus moderne Familienpolitik

Zwar vertritt Orban ein eher traditionelles Familienbild und sieht sich als Verteidiger des europäischen Christentums. Ihn in der Familienpolitik als konservativen Hardliner abzustempeln, sei aber zu simpel, so der SRF-Korrespondent: «Er will die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie mit diversen Massnahmen verbessern.»

Der Bevölkerungsschwund hat auch damit zu tun, dass in den letzten Jahren Hunderttausende das Land verlassen haben.

Im Jahr 2016 wies Ungarn nur 1,45 Geburten pro Frau auf. In der Schweiz sind es rund 1,5 pro Frau. Wie viele andere osteuropäische Länder leidet Ungarn unter Bevölkerungsschwund, einer alternden Bevölkerung und Fachkräftemangel: «Das hat neben dem Geburtenrückgang auch damit zu tun, dass in den letzten Jahren Hunderttausende das Land verlassen haben», so Fillinger.

Proteste in Budapest
Legende: Nach seiner Rede zur Lage der Nation kam es in Budapest auch zu Protesten gegen Orban und seine Politik. Reuters

In Ungarn wurde auch Kritik gegenüber Orbans Plänen laut. So verkündete etwa eine Oppositionspolitikerin bei einer Demonstration vor Orbans Amtssitz in Budapest: «Orban weiss, dass er mit Hassreden gegen Migranten die Europawahlen nicht gewinnen wird. Deshalb verteilt er jetzt Geld an Familien.»

Rüge für Flüchtlingspolitik

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Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, hat Ungarn scharf für dessen Umgang mit Flüchtlingen gerügt. Derzeit hätten Asylsuchende in Ungarn es extrem schwer, als Flüchtling anerkannt zu werden, erklärte Mijatovic. Sie hatte im Zuge einer Beobachtermission in der vergangenen Woche fünf Tage in dem Land verbracht. Asylanträge würden in Ungarn praktisch immer abgelehnt, bemängelte die Menschenrechtlerin. Damit werde Bewerbern ihr international garantiertes Recht auf Flüchtlingsschutz verwehrt. Die Regierung müsse ihnen Zugang zu einem geregelten Asylverfahren gewähren und aufhören, Migranten in Transitzonen an der Grenze festzuhalten. Ausserdem forderte Mijatovic die ungarischen Behörden auf, nicht mehr in einer feindlichen Rhetorik über Migranten zu sprechen.

Allerdings: Reines Wahlkampfgetöse ist Orbans Familienpolitik nicht. «Auch die Opposition weiss, dass es Massnahmen gegen den Fachkräftemangel und den Bevölkerungsschwund braucht», schliesst Fillinger.

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