Als der US-Präsident vor die versammelten Staats- und Regierungschefs der Welt trat, enstand zunächst der Eindruck, der Mann verwechsle die UNO-Generalversammlung mit einer Wahlkampfveranstaltung:
«In weniger als zwei Jahren hat meine Regierung mehr erreicht, als fast jede andere in der Geschichte der USA», sagte er zu Beginn seiner Rede. Als im Saal Gelächter ausbrach, meinte Donald Trump noch «So wahr», räumte dann aber ein: «Diese Reaktion habe ich nicht erwartet, aber OK.»
Trump lieferte mit seinem Auftritt die perfekte Illustration zu dem, was zuvor UNO-Generalsekretär Antonio Guterres beklagt hatte: Die UNO, die Verkörperung einer multilateralen Weltordnung, die auf Regeln und Recht statt auf Macht basiert, stecke tief in der Krise.
Allgemeingültige Werte wie die Menschenrechte würden ausgehöhlt, demokratische Prinzipien seien in Gefahr. Der Grund dafür ist laut Guterres, dass immer mehr Menschen nicht mehr an internationale Lösungen für ihre Probleme glauben. Bürger und Regierungen setzten daher verstärkt auf nationale Rezepte, auf Alleingänge, auf populistische Antworten.
Er diagnostiziert einen akuten Fall von einer Vertrauensstörung, was zu egoistischen Reflexen führe. Genau davon zeugte die UNO-Rede des amerikanischen Präsidenten – es ging darin fast ausschliesslich um die Vereinigten Staaten, um US-Anliegen und um US-Überzeugungen.
Ausdrückliches Lob für «Little Rocket Man»
Trump sagte damit klar: Um internationales Recht und internationale Regeln foutiert sich seine Regierung. Weshalb griff Trump neben einzelnen Ländern – Iran, Venezuela, aber auch Deutschland wegen der Gasimporte aus Russland – auch eine ganze Reihe von UNO-Organen an: den Menschenrechtsrat, aus dem die USA ausgetreten sind, den Internationalen Strafgerichtshof, die WTO.
Zwar blieb Trump im Ton – anders als vor einem Jahr – eher milde, als er vom UNO-Rednerpult aus eine Breitseite gegen Nordkorea abfeuerte, während er diesmal dessen Diktator Kim Jong-un sogar ausdrücklich lobte.
Trumps USA nicht mehr der Partner von einst
Doch nachdem Trump in Sachen UNO-Politik voriges Jahr äusserst vage geblieben war, wurde er dieses Mal deutlich. Er attestiert der UNO zwar ein grosses Potenzial, doch dieses Potenzial könne sie nur ausschöpfen, wenn sie stramm amerikanischen Interessen diene. Konkret: Die USA machen nur noch in Organisationen und bei Programmen mit, die ihnen nützen.
Bezahlen wollen sie weniger fixe Beiträge, sondern freiwillige. Und US-Unterstützung erhalten nur noch «die, die uns respektieren», wie Trump sagte, Freunde der USA, die überall, wo es zählt, die US-Politik voll unterstützen. Dieses Amerika, Trumps Amerika, übernimmt weniger globale Verantwortung, und ist so für die UNO und die multilaterale Weltordnung nicht mehr – wie bisher – der wichtigste und privilegierte Partner und Förderer.