- Twitter wird weltweit keine politischen Inhalte mehr als Werbung verbreiten.
- Damit stellt sich der Kurznachrichtendienst gegen den grossen Rivalen Facebook.
In der hitzigen Debatte um politische Werbung vor der nächsten US-Präsidentenwahl wagt Twitter einen radikalen Schritt. Der Dienst wird bald gar keine Anzeigen mit politischen Inhalten mehr annehmen. Twitter-Chef Jack Dorsey stellte jetzt klar: «Wir glauben, dass Reichweite für politische Botschaften verdient werden muss, statt erkauft zu werden.»
Werbung bei Twitter sind zum Beispiel Tweets, die gegen Bezahlung im Nachrichtenstrom von Nutzern platziert werden können – auch wenn sie diesem Account nicht folgen. Der Stopp für politische Werbung soll ab 22. November greifen, die ausführlichen Regeln dazu sollen eine Woche davor vorgestellt werden.
Facebook unter stärkerem Druck
Die Debatte über politische Werbung kommt in den USA ein Jahr vor der Präsidentenwahl 2020 immer mehr in Gang. In den vergangenen Wochen geriet vor allem Facebook immer mehr in die Kritik. Denn der Konzern hatte entschieden, Anzeigen mit politischen Inhalten grundsätzlich nicht von den Faktencheck-Partnern des Online-Netzwerks prüfen zu lassen.
Ausserdem will Facebook nichts unternehmen, wenn Politiker falsche oder irreführende Informationen verbreiten.
Zuckerberg setzt weiter auf Politwerbung
Im Gegensatz zu Twitter will Facebook-Chef Mark Zuckerberg auch weiterhin politische Botschaften als Werbung verbreiten lassen. Das bekräftigte er am Mittwoch unmittelbar nach der Twitter-Ankündigung in einer Telefonkonferenz. Von einem Verbot politischer Werbung wären zum Beispiel auch Anzeigen zu Themen wie Klimaschutz oder Feminismus betroffen, gab er zu bedenken.
Zugleich sagte Zuckerberg, Anzeigen von Politikern dürften im kommenden Jahr nur 0.5 Prozent der Facebook-Erlöse ausmachen. Auch wenn diese Zahl klein klingt: Selbst bei einer sehr vorsichtigen Schätzung des künftigen Facebook-Geschäfts wären das deutlich mehr als 300 Millionen Dollar.
«Hier geht es nicht um freie Meinungsäusserung»
Twitter-Chef Dorsey kritisierte indirekt die Facebook-Position. Sein Konzern würde sich unglaubwürdig machen, wenn die Firma einerseits sagen würde, man unternehme alles, um die Verbreitung irreführender Informationen einzudämmen – sie aber zugleich gegen Bezahlung verbreiten liesse.
Auch das unter anderem von Facebook vorgebrachte Argument, es gehe bei politischer Werbung um die Redefreiheit, liess Dorsey nicht gelten. «Hier geht es nicht um freie Meinungsäusserung. Hier geht es darum, für Reichweite zu bezahlen», konstatierte er. Und das könne erhebliche Auswirkungen haben, «auf welche die heutige demokratische Infrastruktur möglicherweise nicht vorbereitet ist».
Irreführende Infos aus Trump-Lager
Die jüngste Debatte wurde unter anderem von einer Werbeanzeige des Trump-Lagers mit irreführenden Informationen über den demokratischen Präsidentschaftsanwärter Joe Biden befeuert. Der Sender CNN weigerte sich, sie zu senden – Facebook hingegen nicht. Zuckerberg betonte, Online-Netzwerke sollten nicht darüber entscheiden, was falsch oder faktisch korrekt sei.
Das Wahlkampfteam von Trump kritisierte den Vorstoss von Twitter als einen weiteren Versuch, konservative Stimmen zu unterdrücken. Der US-Präsident kommuniziert viel über Twitter. Die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez hingegen, ein aufsteigender Polit-Star der Demokraten, lobte die «ethische Entscheidung».