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Überfischung und Verschwendung Die grossen Sünden der Fischereiindustrie

Weltweit kommt immer mehr Fisch auf den Tisch. Doch nur zwei von drei getöteten Tieren landen tatsächlich auch auf unserem Teller.

Die Menschheit nutze die Ozeane nicht nur – sie übernutze sie. Damit gefährde sie ihr wichtigstes Biotop, sagt UNO-Generalsekretär Antonio Guterres. «Wir leben vom Meer. Im Grunde sollte man nicht vom ‹Planeten Erde›, sondern vom ‹Planeten Meer› sprechen», meint er. Trotz dieser Erkenntnis werde die Lage nicht besser, sondern schlechter.

20 Kilo Fisch pro Person und Jahr

Ein zentrales Problem ist die Überfischung der Meere: Erstens wächst die Weltbevölkerung immer noch schnell, und zweitens hat sich der Pro-Kopf-Konsum an Fisch von 1960 bis heute verdoppelt. Inzwischen isst jeder Erdenbewohner zwanzig Kilogramm Fisch pro Jahr.

Laut der UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) wird sich dieser Trend fortsetzen. Denn je wohlhabender die Menschen werden, desto mehr Fisch und Fleisch essen sie. Derzeit sind es 170 Millionen Tonnen Fisch, die jährlich verzehrt werden.

Stark überfischte Meere

Davon wird nur noch gut die Hälfte im Meer gefangen. 45 Prozent stammen aus Fischzuchten. Dennoch ist ein Drittel des heutigen Fischfangs nicht nachhaltig. Die Meere werden also überfischt.

Dramatisch ist die Lage in europäischen Meeren, im Mittelmeer und im Schwarzen Meer. Zwar werde mit Fangverboten, Schutzzonen und Schonzeiten versucht, die Fischbestände wieder aufzubauen, sagt John Ryder. Er ist bei der FAO Direktor der Abteilung Fischmarkt und Fischhandel. Allerdings fehle ein Patentrezept.

Nur zwei von drei Fischen landen im Teller

Die UNO-Behörde will deshalb zusätzlich an einer anderen Stelle ansetzen: Von den jährlich gefangenen und gezüchteten Fischen landen nämlich nur 65 Prozent auf unseren Tellern, der Rest wird verschwendet. «Von der Lösung dieses Problems hängt auch ab, ob sich der Hunger in der Welt besiegen lässt», ist Ryder überzeugt.

Der Fischverlust hat viele Ursachen. Es beginnt beim Fang selbst. Dort werden je nach Fangart Tiere getötet, die der Mensch gar nicht essen will. Andere Fische werden zermanscht, so dass man sie nicht mehr verkaufen kann.

Auch beim umstrittenen Elektrofischfang gibt es grosse Verluste. Zwar ist das Elektrofischen vielerorts verboten; genauso wie der Fang mit Sprengstoff oder Gift. Allerdings gibt es legale Ausnahmen, und Verbote werden missachtet.

Fehlerhafte Kühlkette – «ein komplexes Problem»

Auch später, an Land, sind die Verluste enorm. Tonnenweise wird Fisch vernichtet, weil Haltbarkeitsfristen ablaufen – ein Zeichen von Marktversagen. Noch viel grösser ist die Verschwendung in Entwicklungsländern. Oft fehlt die Erfahrung im Umgang mit Fischprodukten, häufiger aber die Infrastruktur. So haben Kühlketten Lücken, Stromausfälle sind häufig, es mangelt an Hygiene. «Es ist ein komplexes Problem», sagt FAO-Mann Ryder. «Wenn es eine einfache Lösung gäbe, würde sie schon seit Jahrzehnten angewendet.»

Doch es ist offenkundig, dass sich die Welt einen derart verschwenderischen Umgang mit dem hochwertigen, aber zunehmend raren Lebensmittel Fisch nicht länger leisten kann.

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