Zum Inhalt springen

Diplomatie in Kriegszeiten Warum Selenski Support in Südafrika sucht

Wegen der jüngsten Angriffe auf Kiew verkürzt der ukrainische Präsident seinen offiziellen Besuch in Südafrika. Bedeutsam ist er trotzdem.

Wolodimir Selenski ist am Donnerstagmorgen in Pretoria zu einem «Arbeitsbesuch» eingetroffen, wie es offiziell heisst. Bei dem Treffen mit Staatschef Cyril Ramaphosa geht es um die bilaterale Zusammenarbeit und die Bemühungen zur Beendigung des russischen Krieges in der Ukraine.

Selenskis Besuch fällt jedoch kürzer aus als geplant. Grund dafür sind die massiven russischen Angriffe der letzten Nacht. Er werde einen Teil seines Programms absagen und in die Ukraine zurückkehren, nachdem es in Kiew zu heftigen russischen Raketen- und Drohnenangriffen gekommen sei, teilte Selenski auf X mit.

Der ukrainische Aussenminister Andrij Sybiha werde alle notwendigen Treffen in Südafrika abhalten, um über die Lage in der Ukraine zu informieren.

Selenski wirbt um Unterstützung

Die Reise nach Südafrika ist Teil einer diplomatischen Charmeoffensive des ukrainischen Präsidenten. Selenski versucht, die internationale Unterstützung für die Ukraine zu sichern, während zugleich US-Präsident Donald Trump zunehmend Druck auf Kiew ausübt.

Südafrika unterhält gute Beziehungen zu Russland und gab sich im Ukraine-Krieg bislang neutral. «Diese neutrale Linie betont die Regierung auch immer wieder», berichtet Leonie March, freie Journalistin in Südafrika. Eine Nähe zu Russland lasse sich allerdings nicht von der Hand weisen.

Putin und Ramaphose beim Brics-Gipfel im Herbst 2024 in Kasan.
Legende: Ramaphosa telefonierte erst am Montag mit Kreml-Chef Putin. Danach betonte er auf X die «starken bilateralen Beziehungen» der beiden Länder und bekräftigte, sich für eine friedliche Lösung des Krieges einzusetzen. Keystone/EPA/Alexander Nemenov

Die Regierungspartei ANC pflegte schon zu Sowjetzeiten gute Beziehungen zu Moskau. Zudem sind Russland und Südafrika Gründungsmitglieder der Staatengruppe Brics. «Auch das Abstimmungsverhalten in der UNO-Generalversammlung sprach bislang eher dafür, dass Südafrika an der Seite Russlands steht», sagt March.

Die Ukraine sieht in Südafrika nicht mehr nur den Russland-Freund – und auch Südafrika ist einen Schritt auf die Ukraine zugegangen.
Autor: Leonie March Journalistin in Südafrika

Bei den UNO-Resolutionen, die Russlands völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in der Ukraine verurteilten, hat sich Südafrika enthalten. Im Februar stimmte es allerdings einer Resolution zu, die die territoriale Integrität der Ukraine unterstreicht. «Es war das erste Mal, dass Südafrika in der UNO gegen Russland gestimmt hat. Das war bemerkenswert», sagt March.

Selenski In Pretoria.
Legende: Erstmals hat Südafrika einen ukrainischen Präsidenten empfangen. Für Selenski ist der Besuch Teil einer weltweiten diplomatischen Offensive. Keystone/EPA/KIM LUDBROOK

In den letzten Jahren gab es auch wiederholt Gespräche zwischen Ramaphosa und Selenski. Nun reiste er also als erster ukrainischer Präsident überhaupt zu einem offiziellen Besuch nach Südafrika.

March spricht von einer beidseitigen Annäherung: «Die Ukraine sieht in Südafrika nicht mehr nur den Russland-Freund – und auch Südafrika ist einen Schritt auf die Ukraine zugegangen», so March.

Kiew sucht auch in Afrika Verbündete

Dabei sei Selenski mit einem konkreten Anliegen nach Pretoria gereist: Er erhoffe sich Hilfe dabei, die rund 20'000 Kinder freizubekommen, die Russland aus den besetzten Gebieten in der Ukraine entführt habe, so March. Ob Ramaphosa hier etwas bewegen kann und will, bleibt abzuwarten.

Grundsätzlich gehe es Selenski aber auch darum, Verbündete auf dem eher russlandfreundlichen afrikanischen Kontinent zu finden, schliesst March. Eine Annäherung an Südafrika, das derzeit den Vorsitz der G20 innehat, soll ein bedeutsamer Schritt in diese Richtung sein.

Rendez-vous, 24.4.2025, 12:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel