Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat seinen «Siegesplan» für die Beendigung des Krieges mit Russland in Kiew präsentiert. Zentral ist dabei eine schnelle Einladung zum Beitritt in das westliche Militärbündnis Nato. Die fünf Punkte des Plans im Überblick.
1. Einladung in die Nato
In der Nato gibt es keinen Konsens in dieser Frage. Zwar betont die Nato-Führung regelmässig, dass Kiew zukünftig dem Bündnis beitreten kann. Doch sprechen sich mehrere Bündnisstaaten öffentlich gegen eine solche Beitrittsperspektive aus. Eines der deklarierten Kriegsziele Moskaus ist es auch, einen neutralen Status der Ukraine zu erzwingen.
2. Den Krieg nach Russland tragen
Ein zweiter Punkt sieht eine Stärkung der Verteidigung vor. Zudem soll der Krieg auf das Gebiet Russlands ausgeweitet werden. «Das ist realistisch – unsere Positionen auf dem Schlachtfeld in der Ukraine halten und gleichzeitig den Krieg auf das Gebiet Russlands zurückbringen, damit die Russen wirklich spüren, was Krieg heisst», sagte Selenski. Ziel sei es, den Hass der Russen in Richtung des Kremls zu lenken. Zu diesem Zweck soll die seit August laufende Operation der ukrainischen Armee im russischen Grenzgebiet Kursk fortgesetzt werden. Für die Umsetzung dieses Punkts ist auch eine Freigabe für den Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet erforderlich.
3. Die Ukraine zur Abschreckung aufrüsten
Ausserdem sollen in der Ukraine mit der Hilfe westlicher Partner ausreichend konventionelle Waffen produziert und stationiert werden, um Russland von weiteren Angriffen abzuhalten. «Wenn Russland weiss, dass es eine Antwort geben wird und begreift, wie diese Antwort aussieht, wählt es Verhandlungen und eine stabile Koexistenz sogar mit strategischen Gegnern», erläuterte der Präsident das Vorhaben. Frieden solle so durch Stärke erzwungen werden. Zwar fangen viele westliche Rüstungsfirmen an, in der Ukraine zu produzieren. Die notwendige Finanzierung erhofft sich Selenski aber von den westlichen Staaten. Nach mehr als zweieinhalb Jahren beispielloser Hilfe fahren Länder wie die USA und Deutschland allmählich ihre Unterstützung zurück.
4. Zugriff auf ukrainische Rohstoffe
Die Ukraine verfüge über wertvolle Rohstoffe «im Wert von Billionen US-Dollar», sagte Selenski. Als Beispiele nannte er Uran, Titan, Lithium und Graphit. Die Frage sei, ob diese Ressourcen im globalen Wettbewerb an Russland und dessen Verbündete fielen oder bei der Ukraine und – wie er sagte – der demokratischen Welt verblieben. Mit diesem Vorschlag versucht Selenski, die westlichen Partner zu locken. Auch in Moskau wird oft damit argumentiert, dass Russland sich diese Rohstoffe sichern müsse.
5. Ukraine als europäische Sicherheitsmacht
Die Ukraine werde nach einem Ende des russischen Angriffskrieges ihre militärische Erfahrung für die Sicherheit Europas und der Nato nutzen, so Selenski. Ihre Soldaten könnten in Europa sogar US-Truppen ersetzen. Dieser Vorschlag zielt offenbar auf die USA. Diese hoffen, ihr Engagement auf dem europäischen Kontinent zurückfahren zu können – ob unter republikanischer oder demokratischer Regierung. Der ukrainische Vorschlag würde aber eine komplizierte Abstimmung zwischen Washington, den europäischen Hauptstädten und Kiew erfordern.