Facebook-CEO Mark Zuckerberg steht derzeit mächtig unter Druck wegen eines Konflikts zwischen Twitter und Donald Trump. Twitter hatte einen Post des US-Präsidenten einem Faktencheck unterzogen. Zuckerbergs Angestellte fordern nun vehement, Facebook solle das auch tun. Doch Zuckerberg zögert.
Warum? Simon Hurtz, Journalist bei der «Süddeutschen Zeitung» und Mitherausgeber des Social-Media-Blogs «Watchblog», ist überzeugt: «Das liegt vor allem an dem Menschen, um den es geht: Donald Trump.»
Trump droht laut Zuckerberg niemandem
Dieser sei mit seinen 28 Millionen Abonnenten wohl der mächtigste und wichtigste Facebook-Nutzer überhaupt. Und die Entscheidung, wie man mit seinen Inhalten umgehe, könnte langfristige Auswirkungen auf Facebook haben. «Kommt hinzu, dass die Entscheidung selbst gar nicht so einfach ist: Es gibt durchaus Gründe für Zuckerberg, Trumps Posts nicht zu löschen.»
Da sei zum einen der inhaltliche Grund: «Zuckerberg betont seit Jahren, wie wichtig ihm Rede- und Meinungsfreiheit sei.» Er hält Trumps Posts für keine unmittelbare Drohung. Eine solche müsste nach Facebooks Richtlinien nämlich gelöscht werden. Dem steht Twitters Faktencheck gegenüber.
Dekret als Warnsignal an die Tech-Firmen
Das setzt Facebook unter Druck. Aber auch Trump übt Druck auf Zuckerberg aus – zumindest indirekt, wie Hurtz sagt. Nachdem Twitter seine Tweets mit zusätzlichen Informationen versehen hat, hat der US-Präsident ein Dekret verabschiedet, das Facebook und Twitter von der Haftung für Inhalte befreit.
Zum Beispiel könnte Trump auch mit der Massnahme drohen, Facebook, Whatsapp und Instagram zu zerschlagen. Das würde Zuckerberg definitiv wehtun.
«Dieses Dekret dürfte juristisch eher wirkungslos sein, weil es in aller Eile durchgedrückt wurde und handwerklich fragwürdig ist», sagt Hurtz. «Aber es ist trotzdem ein Signal. Er sagt den Tech-Firmen damit: Wenn ihr nicht kuscht und nicht das macht, was ich will, bin ich zu krassen Massnahmen bereit.»
Und tatsächlich sind Regulierungen für Facebook bedrohlich: «Zum Beispiel könnte Trump auch mit der Massnahme drohen, Facebook, Whatsapp und Instagram zu zerschlagen. Das würde Zuckerberg definitiv wehtun.»
Interner Druck auf Facebook-Chef steigt
Erstmals haben Angestellte Zuckerberg über Tage hinweg öffentlich kritisiert. Ende letzter Woche haben ein Dutzend teils hochrangige Manager ausgerechnet auf Twitter ihr Missfallen und ihren Widerspruch kundgetan.
Am Montag sind rund 400 Angestellte in einen eintägigen Streik getreten. Zwei Entwickler haben gekündigt. Kurz danach haben 34 ehemalige Mitarbeiter einen offenen Brief in der «New York Times» veröffentlicht. Das habe bewirkt, dass Zuckerberg angefangen habe, zuzuhören, meint Hurtz.
Wenn Trump noch krassere Tweets raushaut, sieht sich Facebook womöglich auch gezwungen, zu handeln.
Das gehe aus Transkripten interner Meetings eindeutig hervor. Allfällige Entscheide hingen aber auch mit der aktuellen Situation in den USA zusammen: «Wenn Trump jetzt noch krassere Tweets raushaut, sieht sich Facebook womöglich auch gezwungen, zu handeln», sagt der Journalist.
«Aber im Idealfall entscheidet Zuckerberg das gar nicht selbst.» Es gebe nämlich ein Gremium, das sogenannte Facebook Oversight Board: «Das ist so eine Art Verfassungsgericht, das eigentlich genau für solche Fälle gedacht ist.» Es sollte grundsätzliche Entscheidungen über Inhalte treffen.
Doch das Problem sei: «Dieses Gremium ist derzeit noch nicht arbeitsfähig, unter anderem, weil die Mitglieder noch keine Laptops haben. Aber ich glaube, dass Facebook in der Lage sein sollte, das schnell zu ändern.»