Die Spitze der Ariane-Raketen, die sogenannte Nutzlastverkleidung, stellt der staatliche Rüstungskonzern Ruag seit Jahrzehnten in der Schweiz her. Doch lange soll die Fertigung von Raumfahrtteilen nicht mehr staatlich bleiben, und möglicherweise ins Ausland verkauft werden.
Was gut für die Bundeskasse wäre, stösst seit dem russischen Überfall auf die Ukraine zunehmend auf politischen Widerstand. Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats hat mit grosser Mehrheit einen Vorstoss eingereicht, der den Bundesrat dazu auffordert, den Verkauf von «Beyond Gravity» grundsätzlich zu überdenken.
«Die Kommission war der Meinung, dass für den Verkauf von Beyond Gravity vor allem ökonomische Interessen im Vordergrund standen, nicht aber sicherheitspolitisch-strategische Überlegungen», sagt Kommissionspräsidentin Priska Seiler Graf (SP/ZH).
Dagegen wehrt sich nun die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates. «Wir sind klar der Meinung, dass Weltraumtechnologie eine Schlüsseltechnologie sein wird und in Anbetracht der veränderten politischen Lage hält es eine grosse Mehrheit der Kommission für wichtig, dass wir diese Technologie in Bundeshänden behalten», so Seiler Graf.
Ein Raumfahrtunternehmen zu führen, sei keine staatliche Aufgabe, argumentiert der Bundesrat. Doch Sicherheitspolitikerinnen und Sicherheitspolitiker von links bis rechts argumentieren, der Weltraum sei wegen der unsicheren Weltlage sicherheitspolitisch von grosser Bedeutung.
Im Widerspruch zur Weltraumstrategie?
In der Weltraumstrategie von 2023 schreibt der Bundesrat auch von einer hohen sicherheitspolitischen Bedeutung. Die Schweiz und Europa müssten im Weltraum einen hohen Autonomiegrad erreichen, steht im Bericht, und: «Die Schweiz trägt zu europäischen Systemen Schlüsselelemente bei.»
Verliert die Schweiz solche Schlüsselelemente, wenn der Raumfahrtbereich nicht mehr staatlich ist? Der Direktor des Verbandes der Maschinen- und Tech-Industrie, Stefan Brupbacher, beurteilt die Lage etwas anders. «Beyond Gravity ist eine super Firma, in die man investieren muss. Das kann der Bund nicht. Deshalb ist die Privatisierung der richtige Weg.» Aus Sicht Swissmem würden sie aber eine Schweizer Investoren-Lösung bevorzugen.
Verkauf für 2025 geplant
Die Eidgenössische Finanzverwaltung ist zuständig für den Verkauf des staatlichen Raumfahrtunternehmens. «Ein Verzicht auf die vom Bundesrat seit 5 Jahren geplante Privatisierung hätte einschneidende Auswirkungen auf Beyond Gravity», schreibt die Finanzverwaltung. Der Start des Verkaufs sei für 2025 geplant, deshalb hätten die Forderungen aus der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats keine unmittelbaren Folgen. Doch die Forderung schaffe «rechtliche Unsicherheit».