Was Airbnb plant: Gladiatoren, die im Kolosseum in Rom kämpfen? Das gab es seit 1500 Jahren nicht mehr. Laut Mitteilung des Online-Wohnungsvermittlers Airbnb sollen im Mai an zwei Abenden insgesamt rund 30 Airbnb-Kundinnen und -Kunden in eine Rüstung schlüpfen und gegeneinander kämpfen können – in friedlicher Natur. Dafür zahlt das US-amerikanische Unternehmen der staatlichen Verwaltung des Kolosseums 1.3 Millionen Franken. Airbnb lobt seine Pläne selbst als Beitrag zu «nachhaltigem Tourismus in Europa mit Blick auf dessen Kulturerbe». Die Buchungsplattform verkündete die PR-Aktion vergangenen Mittwoch, einen Tag vor Kinostart von «Gladiator II».
Kritik am Unternehmen: Airbnb wird beschuldigt, mit seinen Kurzzeitvermietungen grossen Anteil daran zu haben, dass es in Rom kaum noch bezahlbare Wohnungen gibt. Der Kolosseumsverwaltung wird vorgeworfen, seine Versprechen nicht einzuhalten, endlich etwas gegen den Massentourismus zu unternehmen: Die Stadt mit knapp drei Millionen Einwohnern erwartet nächstes Jahr mehr als 40 Millionen Gäste – es wäre ein Rekord. Die «Associazione Abitanti Centro Storico», ein Zusammenschluss der Bewohner von Roms historischem Zentrum, nennt es «beschämend, wie man ohne geringste Skrupel die an Bord holt, die dazu beitragen, Geschichte und Leben der Leute zu zerstören». Eine «Schande» nennt es Alberto Campailla, der Teil der NGO Nonna Roma ist, die sich für Bedürftige einsetzt. Airbnb und ähnliche Plattformen «vertreiben die Menschen buchstäblich nicht nur aus dem Stadtzentrum, sondern auch aus den Vororten und Aussenbezirken», zitieren ihn verschiedene Medien.
Kritik an Kommerzialisierung: Andere beschweren sich über die Kommerzialisierung von fast 2000 Jahre alter Kultur: ein Unesco-Weltkulturerbe als «Disneyland», formulierte es Massimiliano Smeriglio, Roms Stadtrat für Kultur. «Wir dürfen aus einem der bedeutendsten Denkmäler der Welt keinen Themenpark machen.» Er hat eigenen Angaben zufolge dem CEO von Airbnb geschrieben, die Mittel zur Restaurierung freizugeben, das «Touristenspektakel» aber abzusagen.
Nicht die erste solche Aktion: Airbnb bot zuletzt häufiger Events von ähnlichem Kaliber an, die Airbnb-«Icons». Das sind nicht nur PR-Aktionen für Airbnb selbst, sondern auch für Filme, Events oder Stars. Das «Gladiatoren-Erlebnis», wie es Airbnb selbst nennt, passt also – mit Blick auf den kürzlichen Kinostart von «Gladiator 2» – in dieses Schema.
Auch sei es nicht das erste Mal, dass Roms Sehenswürdigkeiten für private Interessen gebraucht wurden, weiss Italienkorrespondent Battel: Während der letzten grossen Restaurierung des Kolosseums habe das Firmenlogo eines vermögenden italienischen Unternehmers, der die Restaurierung mitfinanziert habe, monatelang am Kolosseum geprangt. Die Engelsburg, eine andere Römer Sehenswürdigkeit, habe die Partei der amtierenden Premierministerin Giorgia Meloni während einer Woche für einen Anlass gemietet. Darüber, wer solche Sehenswürdigkeiten benutzen darf und wie, befindet Italiens Kulturministerium.
Rückendeckung: Laut CNN erklärte die Kolosseumsverwaltung, dass der Plan darauf abzielt, «das historische kulturelle Erbe des Amphitheaters durch immersive Aktionen [in eine Scheinwelt eintauchend, Anm. d. Red.] in vollem Respekt vor dem Denkmal auf der Grundlange strenger historischer Forschung aufzuwerten».