- Nach der umstrittenen Auszählung der Präsidentenwahl in Venezuela steigt der Druck auf der Strasse.
- Bei Protesten gegen das Wahlergebnis kamen mindestens sechs Menschen ums Leben, wie die regierungsunabhängige Organisation Foro Penal mitteilte. 40 weitere wurden verletzt.
- Zudem seien 749 Demonstrantinnen und Demonstranten festgenommen worden.
Sie hätten unter anderem Polizeiwachen, Büros des Wahlamtes, Rathäuser und Krankenhäuser angegriffen, sagte Generalstaatsanwalt Tarek William Saab. Ihnen werde Terrorismus, Aufstachelung zum Hass und die Blockade öffentlicher Strassen vorgeworfen. Bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften sei auch ein Polizist ums Leben gekommen.
Die Sicherheitskräfte gingen hart gegen die Demonstranten vor: Im Fernsehen war zu sehen, wie Polizisten Tränengas einsetzten und auf Menschen einschlugen. Ausserdem wurden Schüsse auf Demonstranten abgegeben, die zum Präsidentenpalast in der Hauptstadt Caracas zogen, wie die Zeitung «El Nacional» berichtete und in einem Video zu sehen war.
Bei den Schützen könnte es sich um sogenannte Colectivos handeln – regierungsnahe paramilitärische Gruppen, die die Agenda der Regierung mit Gewalt durchsetzen.
Kritik aus den USA, Lob aus Moskau
Der Nationale Wahlrat hatte den seit 2013 regierenden Nicolás Maduro offiziell zum Sieger der Präsidentschaftswahl vom Sonntag erklärt. Die Opposition warf der Regierung Wahlfälschung vor und reklamierte den Sieg für ihren Kandidaten Edmundo González Urrutia. Die Regierungsgegner hätten Zugang zu 73 Prozent der Ergebnislisten, die einen uneinholbaren Vorsprung des Herausforderers belegten, sagte Oppositionsführerin María Corina Machado.
Auch in den USA, der EU und einer Reihe lateinamerikanischer Länder wurden Zweifel an dem offiziellen Wahlergebnis laut. Die venezolanische Regierung verwies daraufhin die Botschafter von Argentinien, Chile, Costa Rica, Peru, Panama, der Dominikanischen Republik und Uruguay des Landes und zog ihrerseits ihr diplomatisches Personal aus diesen Ländern ab.
Unterstützung erhielt die autoritäre Regierung in Caracas hingegen von ihren Verbündeten in Russland, China, Kuba und Nicaragua. Moskau forderte die Opposition in Venezuela auf, ihre Niederlage einzugestehen und den Sieg Maduros anzuerkennen. «Natürlich ist es sehr wichtig, dass diese Versuche, die Lage in Venezuela zu verschärfen, nicht von Drittstaaten angeheizt werden und Venezuela von äusserer Einmischung frei bleibt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Maduro will nun im Januar 2025 seine dritte sechsjährige Amtszeit antreten. Dabei waren die Chancen auf einen Politikwechsel in Caracas nach Einschätzung von Beobachtern so gut wie lange nicht mehr. Im Gegensatz zu den Wahlen vor sechs Jahren zeigte sich die Opposition diesmal geschlossen. Zudem waren angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage auch bislang treue Anhänger von der sozialistischen Regierung enttäuscht.
Schon die Wiederwahl Maduros 2018 war international von vielen Ländern nicht anerkannt worden. Der damalige Parlamentspräsident Juan Guaidó erklärte sich 2019 zum Interimspräsidenten, konnte sich aber im Land nicht durchsetzen – vor allem, weil das Militär hinter Maduro stand. So konnte er die damaligen Proteste einfach aussitzen.