Heute beginnt in New York die zweiwöchige UNO-Frauenkonferenz. Der letzte Frauengipfel fand vor 25 Jahren in Peking statt. Ergebnis war damals ein Forderungskatalog. Die Staaten verpflichteten sich, die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen der Gesellschaft zu fördern.
Ein Vierteljahrhundert später soll nun Bilanz gezogen werden. Das Generalsekretariat der UNO hat jedoch beschlossen, das Programm mit Blick auf die Entwicklung des Coronavirus stark zu reduzieren. Der Gipfel wird trotzdem Ergebnisse liefern, ist Journalist Andreas Zumach überzeugt.
SRF News: Wird der Gipfel Opfer des Coronavirus?
Andreas Zumach: Er wird zumindest erheblich reduziert. Alle Plenarveranstaltungen ausser der heutigen Eröffnungssitzung sind abgesagt. Auch die Side Events, an denen Nichtregierungsgruppen auftreten, von denen über 30'000 Vertreterinnen nach New York kommen wollten, sind abgesagt. Es bleibt den Veranstaltern vorbehalten, alles weitere abzusagen.
Bringt das so überhaupt noch etwas?
Es bringt schon etwas. Alle Mitgliedsstaaten der UNO-Frauenrechtskonvention – 189 der 193 UNO-Staaten – waren in den vergangenen fünf Jahren aufgefordert, nationale Berichte zu schreiben, welche Fortschritte oder Rückschläge es bei ihnen gegeben hat. Darüber hinaus gibt es fünf Regionalberichte der Kommissionen. Auf dieser Basis kann man versuchen festzustellen, was in den nächsten Jahren noch vor uns liegt.
Welche Fortschritte wurden punkto Gleichstellung erzielt?
Es gibt eine tendenzielle Verbesserung bei der Partizipation von Frauen im politischen Prozess: Die Zahl von Frauen in Parlamenten ist gestiegen – vor allem in Europa. Schweden hat die Gleichheit erreicht, aber auch in Lateinamerika oder in Tunesien ist diese gestiegen. In einigen Ländern gibt es eine Verbesserung beim Zugang von Frauen zum Bildungssystem.
Es gibt erhebliche Rückschläge, was Gewalt gegen Frauen betrifft.
Aber das Ziel, dass 2015 alle Mädchen mindestens vier Jahre Primarschule besuchen, wurde nicht erreicht. Es gibt erhebliche Rückschläge, was Gewalt gegen Frauen betrifft. Die Zunahmen betreffen nicht nur Mexiko und lateinamerikanische Staaten, sondern auch arabische und osteuropäische Länder. Betreffend Frauen in Führungsetagen gibt es Stagnation auch in reichen Ländern wie der Schweiz – und zum Teil auch Rückgänge.
Kann die Konferenz etwas dazu beitragen, die Rechte von Frauen zu stärken?
Der Fortschritt ist eine langsame Schnecke, die manchmal auch rückwärts kriecht. Aber es lässt sich zumindest hoffen, dass von der Konferenz in New York weitere Impulse ausgehen. Es gibt konkret neue Zielmarken.
Welche Zielmarken sind das?
Es gibt zusätzlich einen globalen Prozess der UNO, bis 2030 die nachhaltigen Entwicklungsziele zu erreichen. Diese wurden 2015 beschlossen. Bis dahin galt die Zielmarke der Überwindung der Armut, die 2000 beschlossen worden war. Darin gab es bereits wichtige Unterziele wie etwa Gesundheitszugang für Frauen und Mädchen und dass alle Kinder im Alter von sechs Jahren eine mindestens vierjährige Schulbildung haben sollen. Das wurde alles ebenfalls nicht erreicht. 2030 will man nun alles erreichen und damit auch die frauenspezifischen Ziele. Das steht auch ausdrücklich in der Abschlusserklärung der New Yorker Konferenz, die mir im Entwurf vorliegt.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.