In Österreich arbeitet seit bald zwei Wochen die sogenannte Ibiza-Untersuchungskommission. Parlamentarier sollen herausfinden, ob sich die letzte Regierung von Volkspartei (ÖVP) und Freiheitlichen (FPÖ) kaufen liess.
Dabei wird immer klarer: Ausgerechnet im heikelsten Kriminalfall Österreichs gibt es einen erbitterten Konflikt zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft. Österreich reibt sich wieder mal die Augen über seine Politiker – und diesmal auch über seine Polizei.
Kaum ein Tag vergeht, ohne dass der parlamentarische Untersuchungsausschuss in der Wiener Hofburg neue skandalöse Fakten und Indizien an den Tag bringt.
Im Zentrum steht die sogenannte «Casino-Affäre». Dabei soll der private Glücksspiel-Konzern Novomatic den beiden damaligen Regierungsparteien via Vereine, Gesellschaften und Stiftungen Millionenbeträge bezahlt haben. Als Gegenleistung sollte der Konzern Casino-Lizenzen erhalten.
Happige Vorwürfe gegen Sonderkommission
Das Problem: Die Polizei-Sonderkommission ermittelte höchst wahrscheinlich mangelhaft und verschleierte wichtige Fakten. So wurden wichtige Papiere so schlecht gescannt, dass diese schwer bis gar nicht mehr zu lesen waren. So etwa bei einer handgeschriebenen Textpassage, die belegen könnte, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz sich mit einem Casino-Manager traf.
Stephanie Krisper, Vertreterin der liberalen Partei Neos im Untersuchungsausschuss, sagt: «Der Verdacht hat sich erhärtet, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft durch die Polizei in ihrer Arbeit behindert wird. Das Ergebnis ist: Es freuen sich die Verdächtigen, auch ÖVP-Granden.»
Computer in ÖVP-Parteibüros nicht untersucht
Aber auch die rechtsnationale FPÖ glaubt, dass die ÖVP von Sebastian Kurz die Ermittlungen systematisch manipuliert hat. Ihr Abgeordneter Herbert Kickl bezeichnet die ermittelnde Sonderkommission gar als «Verschleierungseinrichtung der ÖVP im Bundeskriminalamt».
Tatsächlich war einer der wichtigsten Ermittler selber ÖVP-Kandidat. Die Computer in den ÖVP-Parteibüros untersuchte er nicht mit der Begründung, allfällige Beweise seien bestimmt längst vernichtet.
Die Volkspartei von Kanzler Sebastian Kurz weist die Vorwürfe weit von sich. Doch die Indizien gegen die mächtigste Partei im Land mehren sich. So ist die Untersuchungskommission immer noch nicht im Besitz des Ibiza-Videos, obwohl es das ÖVP-geführte Innenministerium schon im April in seinen Besitz brachte.
Mehr Enthüllungen als erwartet
Als ein Anwalt dem Ausschuss das Video zur Verfügung stellen wollte, lehnte Ausschusspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) dies ab. Brisant: Sobotka präsidiert selber einen jener Vereine, die von der Novomatic Gelder kassierten. Trotzdem hält sich Sobotka als Ausschuss-Präsident nicht für befangen. Für Verwunderung sorgte, dass Nationalratspräsident Sobotka ausgerechnet bei der Befragung des Ex-Novomatic-Chefs den Raum verliess.
Für den Journalisten Florian Klenk, der selber vom Ausschuss als Auskunftsperson vorgeladen war, zeigen diese Störmanöver eine «verkommene, verlotterte und verluderte politische Kultur» in Österreich.
Trotzdem: Der Untersuchungsausschuss hat nach wenigen Tagen schon mehr enthüllt, als sich die kühnsten Optimisten von ihm erträumt hatten.