Zum Inhalt springen

Untersuchung zum 6. Januar Sturm aufs Kapitol: Trumps Entourage gerät ins Zwielicht

Am 6. Januar stürmten rund 800 Anhängerinnen und Anhänger von Präsident Trump das Kapitol in Washington, um dessen Abwahl zu verhindern. Eine Untersuchungskommission im Repräsentantenhaus, der grossen Kammer des US-Parlaments, geht derzeit den Hintergründen dieser Geschehnisse nach. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Gruppe von republikanischen Kongressabgeordneten und Mitarbeitenden im Weissen Haus hinter den Kulissen aktiv daran gearbeitet hat, dass die Wahl von Joe Biden nicht anerkannt wird. SRF-Korrespondentin Isabelle Jacobi mit den Einzelheiten.

Isabelle Jacobi

USA-Korrespondentin, SRF

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Nach dem Studium in den USA und in Bern arbeitete Jacobi von 1999 bis 2005 bei Radio SRF. Danach war sie in New York als freie Journalistin tätig. 2008 kehrte sie zu SRF zurück, als Produzentin beim Echo der Zeit, und wurde 2012 Redaktionsleiterin. Seit Sommer 2017 ist Jacobi USA-Korrespondentin in Washington.

SRF News: Die Kommission skizziert eigentlich eine Form eines politischen Coups. Kann man das so sagen?

Isabelle Jacobi: Es zeichnen sich Konturen ab, was sich im Vorfeld des 6. Januars und am Tag selbst genau ereignet hat – welche Strippen von welchen Akteuren gezogen wurden. Die Untersuchungskommission sagt, eine Gruppe von Trump-Loyalisten im Kongress hätte zusammengespannt mit Exponenten aus der Entourage von Donald Trump im Weissen Haus. Sie hätten systematisch ein politisches Manöver geplant, um die Wahl von Biden auszuhebeln. Ein Manöver, das ultimativ scheiterte, weil entscheidende Figuren wie Justizminister William Barr oder Vizepräsident Mike Pence nicht mitgemacht haben. Wenn das alles so stimmt, kann man durchaus vom Versuch eines politischen Coups sprechen.

Was für ein politisches Manöver scheint hier auf?

Es ging Trump darum, die Wahl von Biden für ungültig zu erklären. Das ist auch nicht neu. Es zeichnet sich aber ab, wer genau daran beteiligt war. Zum Beispiel unterstützten ihn Anwälte wie Rudy Giuliani sowie Anwälte im Weissen Haus, Trumps Stabschef Mark Meadows spielte eine grosse Rolle. Dazu kommen sechs Kongressabgeordnete wie Jim Jordan oder Paul Gosar. Sie haben das Justizministerium und Vizepräsident Pence vor dem 6. Januar massiv unter Druck gesetzt.

Eine parteipolitisch motivierte Attacke?

Box aufklappen Box zuklappen

Von republikanischer Seite heisst es immer wieder, die Untersuchung sei politisch motiviert. In erster Linie sind es auch tatsächlich Mitglieder der demokratischen Partei, die sie vorantreiben. Sind Zweifel an der Unabhängigkeit der Untersuchung und ihrer Ergebnisse tatsächlich angezeigt?

«Die Republikaner haben sich ja geweigert, die Ereignisse des 6. Januar isoliert zu untersuchen. Deswegen haben die Demokraten nun quasi die Führung bei dieser Untersuchungskommission», sagt die Korrespondentin zu diesen Vorwürfen.

Zwei prominente Republikaner sind jedoch Teil der Kommission: Liz Cheney und ihr Kollege aus dem Repräsentantenhaus, Adam Kinzinger. «Sie zahlen jedoch einen hohen politischen Preis dafür, dass sie bei dieser Kommission mitwirken. Ihre Karriere im Kongress ist damit quasi zu Ende», so Jacobi. «Kinziger tritt nicht mehr zur Wahl an, Cheney wird abgewählt werden.»

Das zeige, dass die republikanische Basis in der Untersuchung eine rein parteipolitisch motivierte Attacke sehe. «Obwohl es eigentlich ein Anliegen aller sein sollte, bei einem so erschütternden Ereignis für die US-Demokratie die Hintergründe zu erforschen.»

Unter den genannten Leuten soll eine Powerpoint-Präsentation zirkuliert haben – eine Schritt-für-Schritt-Anweisung sozusagen, wie die angeblich illegitime Wahl von Biden verhindert werden könnte. Das Szenario sah Notrecht und Militärpolizei vor, die in den Bundesstaaten die Wahlurnen behändigen sollte. Das entsprechende Dokument händigte Trumps Stabschef Meadows der Kommission aus. Er sagte aber, er hätte es nur empfangen, aber nicht weiter verwendet.

Diese Woche hat das Repräsentantenhaus den Weg für ein Verfahren gegen Meadows freigemacht. Welche Rolle spielte er genau in dieser Geschichte?

Als Stabschef stand er sicher im Zentrum des Geschehens. Beim Sturm aufs Kapitol landeten alle panischen Nachrichten auf seinem Handy, wonach Trump die Meute stoppen solle. Solche Forderungen kamen von republikanischen Abgeordneten, aber auch aus den Reihen der Trump-Familie. Trump reagierte nicht darauf und wir wissen nicht, welche Rolle Meadows hier wirklich spielte.

Mark Meadows
Legende: Die Kommission hält Meadows für eine zentrale Figur und will ihn dazu zwingen, weitere Dokumente und Kommunikation auszuhändigen. Die Kommission wolle ausgehend von Meadows «ein Who-is-Who des 6. Januars konstruieren», so Jacobi. Keystone/Archiv

Anfänglich hat Meadows mit der Untersuchungskommission kooperiert und über 9000 Dokumente ausgehändigt. Dann weigerte er sich aber, auszusagen.

Wie geht es weiter mit der Untersuchung?

Es ist ein Rennen gegen die Zeit. Denn die Demokraten werden in einem Jahr wohl die Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren. Dann ist diese Untersuchung Geschichte.

Liz Cheney
Legende: Wohl auch um Druck aufzusetzen, mache die Kommission laufend medienwirksam publik, was sie erfahren, sagt Jacobi. So etwa die republikanische Vorsitzende der Kommission, Liz Cheney, die letzte Woche SMS vorlas, die am 6. Januar auf Meadows Handy landeten. Keystone

Es kann gut sein, dass das Justizministerium nun gegen Meadows klagt – das hat es auch schon gegen den Rechtsaktivisten Steve Bannon getan. Solche Verfahren dauern aber und Meadows wie Bannon können weiterhin die Mitarbeit ablehnen – und die Zeit spielt für sie.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

Echo der Zeit, 17.12.2021, 18 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel