Die Region um die chinesische Hauptstadt Peking hat in den letzten Tagen die stärksten Regenfälle seit Beginn der Aufzeichnungen vor 140 Jahren erlebt. Im Norden Chinas ist die Zahl der Toten auf mindestens 30 gestiegen. In der Nähe der chinesischen Hauptstadt Peking sind Medienberichten vom Samstag zufolge mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Ausserdem würden 18 Menschen in der Stadt Baoding in der nordchinesischen Provinz Hebei vermisst, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf örtliche Behörden. Wie China mit dem Extremereignis umgeht, erklärt SRF-China-Korrespondent Samuel Emch.
War Peking auf solche Wassermassen vorbereitet?
Im Juli, August und September ist Hochsaison für Taifune in China und in Ostasien allgemein. Entsprechend war man bis zu einem gewissen Grad vorbereitet und kennt grosse Niederschlagsmengen vor allem in küstennahen Regionen. In den betroffenen Regionen wurde vorsichtshalber rund eine Millionen Menschen evakuiert. Auf derart grosse Wassermassen war man aber nicht vorbereitet.
Wie gut ist die Infrastruktur Chinas auf Extremwetter ausgerichtet?
Eine Aussage fürs ganze Land ist schwierig. In den regelmässig von Taifunen heimgesuchten Küstenregionen ist die Infrastruktur aber grundsätzlich auf solche Wetterextreme ausgelegt. Von grossen Schäden, wie es sie Ende der 1990er-Jahre gab, liest man nach den jetzigen Niederschlägen wenig. Infolge der damaligen Unwetter installierte man sogenannte Flutreservoire, die jetzt erstmals zum Einsatz kamen. Schäden gab es trotzdem, vor allem auch in der Landwirtschaft, etwa in der Region Zhuozhou neben Peking. Dort ist eine Fläche von der Grösse des Kantons Zug überflutet. Das gesamte Schadenausmass ist zurzeit noch nicht bekannt.
Gibt es Kritik an den Schutzvorkehrungen?
Kritik gibt es an den Evakuationsplänen in gewissen Gebieten. Die Rede ist von unklaren Anordnungen und chaotischer Koordination. Den Behörden wird vorgeworfen, sie hätten bezüglich Fluten-Entlastung nicht klar kommuniziert. Es sei also nicht klar gewesen, wohin und in welchen Mengen das Wasser geleitet wird. Als böswilliges Gerücht stellen die Behörden Behauptungen dar, gewisse Regionen seien zum Schutz der Hauptstadt geflutet worden. Auch die mangelnde Information über die aktuellen Wasserstände wird teilweise kritisiert.
Fördern die Unwetter die Klimadiskussion in China?
In den westlichen Medien wird nach solchen Wetterextremen reflexartig die Klimadiskussion aufgegriffen. Das ist in China auch nach den jüngsten Fluten nicht der Fall. In den Berichten der Propagandamedien ist das Klima kein Thema. Obwohl es für die Zentralregierung hohe Priorität hat, wird es in der breiten Bevölkerung kaum diskutiert. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass Klimapolitik in China vor allem Aussenpolitik ist. Innenpolitisch musste sich China in den letzten Jahren mit Energieknappheiten herumschlagen, auf welche man dann etwa mit dem Bau neuer Kohlekraftwerke reagierte.