Einer der ersten, der den Menschen in Spanien aus dem Herzen sprach, war Fussballnationalspieler Ferran Torres: «Es bricht mir das Herz, meine Leute und meine Region so vernichtet zu sehen», sagt er im Video-Post auf den sozialen Medien. Torres ist in Barcelona, stammt aber aus der am stärksten betroffenen Region Valencia. «Ich weiss», sagt er auf Valencianisch, «das ist kein Trost, aber ich möchte von hier aus den Opfern und ihren Familien meine ganze Unterstützung zukommen lassen. Viel Kraft, Valencia!»
So geht es allen, die zusehen müssen, was gerade passiert ist, was am Dienstagabend innert Minuten über Valencia hereinbrach, aber auch südlich davon über Murcia und Andalusien. Wer weder vor Ort ist, noch helfen kann, sieht auf allen Kanälen herzzerreissende Szenen, Aufrufe, Such- und Hilfsaktionen. Manchmal auch Erleichterung über eine doch noch aufgetauchte Tochter, einen doch noch geretteten Nachbarn. Oder man erfährt von weiteren Toten: Die grosse Mehrheit unter ihnen starb in der Region Valencia.
Viel zu späte Warnung
Wenig helfen da die ersten gegenseitigen Schuldzuweisungen in der Politik. Die Polemik war absehbar: In Valencia fliegt der konservativen Regionalregierung um die Ohren, dass sie letztes Jahr, kaum im Amt, den von der linken Vorgängerregierung erst im Februar 2023 neu aufgestellten Notdienst abschaffte. Die «Unidad Valenciana de Emergencias» (UVE) sei unnötig, befand die Koalition aus Volkspartei und Rechtsaussenpartei Vox.
Wenig half auch, dass Regionalpräsident Carlos Mazón entgegen Warnungen der Meteorologen am Dienstag auf X postete, dass sich die Lage ab 18 Uhr beruhigen werde. Den Post löschte er später. Fakt ist, dass die Warn-Apps und -SMS teils viel zu spät abgesetzt wurden oder ankamen – meist erst gegen 20 Uhr, just im Peak des Abendverkehrs. Gerade dann wurden viele im Bus oder im Auto von den Schlammmassen mitgerissen.
Immerhin: Polemik und Aufarbeitung sind nun auf später vertagt, heute zeigten sich der konservative Regionalpräsident und Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sánchez Seite an Seite und betonten, alles in ihrer Macht Stehende zu tun.
Einmalig oder doch klimabedingt?
Es gilt jetzt, weitere Vermisste zu finden, sich Zugang zu abgeschotteten Dörfern zu verschaffen, den ausgefallenen Strom hochzufahren und die Gefahr einzudämmen. Später gilt es, die Schäden zu beziffern, auch in der so wichtigen Landwirtschaft – und künftig effektivere Präventionsmassnahmen anzupacken.
Noch sind zu viele Fragen offen, als dass man sich die viel zu vielen Toten erklären kann. Lag es nur an mangelnder Warnung? Nur am einmalig wuchtigen Wetterphänomen? Oder auch am Klima? Viele Fragen werden gestellt, noch fehlen die Antworten darauf.
Ob und wie weit die Intensität klimabedingt war, untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gerade. Sicher ist, dass rekordhohe Meerestemperaturen im Zusammenhang mit «La Dana» fatal sind. «La Dana» – es ist das Wort der Stunde. Es steht zwar für «Depresión Aislada en Niveles Altos», dem sogenannten Höhentief. «La Dana» steht zurzeit aber vor allem für Tragik, Verwüstung und Tod.