Keine Staatsanwaltschaft der Welt kann solche Erfolge vorweisen wie derzeit die rumänische. Unter der Führung von Laura Kövesi wurden unzählige Politiker verschiedenster Parteien angeklagt, darunter auch die mächtigen und mächtigsten Politiker. Und die Behörde arbeitete gut: Die meisten Prozesse führten zu Verurteilungen, viele korrupte Politiker kamen hinter Gitter.
In der Bevölkerung wurde die Antikorruptionsbehörde DNA so zur beliebtesten Institution des Landes. Möglich waren ihre Erfolge, weil sie weitgehende Unabhängigkeit genoss. Doch vor allem die Politiker der Regierungspartei versuchen seit Jahren, die Behörde wieder an die kurze Leine zu nehmen.
Regierungspartei nimmt sich aus Schusslinie
Denn in den Reihen der sich sozialdemokratisch nennenden Partei grassiert die Korruption. Auch der starke Mann in der rumänischen Politik, Parteichef Liviu Dragnea – auf Einladung des Parlamentes weilt er gerade in der Schweiz – muss sich derzeit wegen Korruption vor Gericht verantworten.
Mittels seiner Regierung schiesst Dragnea seit Monaten gegen Kövesi. Unter dem Vorwurf, sie habe das Ansehen Rumäniens beschädigt, liess er seinen Justizminister im Februar Kövesis Rücktritt fordern. Doch Staatspräsident Klaus Iohannis stellte sich schützend vor die Korruptionsjägerin, die zu ernennen in seiner Kompetenz liegt. Dagegen wiederum hat die Regierung beim Verfassungsgericht Klage eingereicht. Und dieses gab nun der Regierung recht. Wenn diese die Entlassung Kövesis fordere, müsse Iohannis spuren.
Urteil in einer Reihe mit früheren Entscheiden
Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Viele Experten rechneten aufgrund des Verfassungstextes nicht mit einem solchen Urteil. Ganz überraschend kommt es dennoch nicht. So sollen die Verfassungsrichter in der Mehrheit den Sozialdemokraten nahestehen. Und einige Gerichtsurteile der letzten Zeit fielen zu Ungunsten der Korruptionsjäger und zugunsten der Korruptionsbeschuldigten aus.
Wenn diese Zeichen nicht trügen, und wenn die zu erwartenden Proteste keine unabsehbaren Folgen haben, gewinnt die Politik mit dem heutigen Urteil wieder an Einfluss über die Strafverfolgung. Und womöglich sind die Tage der unabhängigen, erfolgreichen Bekämpfung der Korruption in Rumänien gezählt.
Für das Land wäre dies ein schwerer Rückschlag. Es würde einen Standortvorteil verlieren, der es von allen Ländern der Region unterscheidet. Sein Rechtsstaat würde geschwächt, und es fiele zurück in alte, schädliche Muster.