Gut 2000 Mitarbeitende von USAID müssen ihr Büro räumen. Die Szenen sind herzzerreissend. In Tragtaschen, Rucksäcken und Schachteln tragen freigestellte Mitarbeitende ihre persönlichen Sachen aus dem ehemaligen Hauptquartier von USAID. Viele weinen, andere versuchen ihren Schmerz mit einem Lächeln zu verbergen. Menschen stehen Spalier und bedanken sich mit Applaus für ihren Einsatz.
Den meisten ist nicht nach Reden zumute. Ben sticht heraus: Er hält ein Blatt in der Hand, auf das er mit schwarzem Filzstift geschrieben hat: «Wir beugen uns nicht den Tyrannen, wir leisten Widerstand.»
Wir haben respektlose E-Mails erhalten und sind zur politischen Zielscheibe von bösen, mächtigen Männern geworden.
Seit Monaten würden sie behandelt, als seien sie Staatsfeinde, sagt Ben: «Wir haben respektlose E-Mails erhalten und sind zur politischen Zielscheibe von bösen, mächtigen Männern geworden.» Dabei gehe es um viele gute Menschen, die sich einer grösseren Sache verschrieben hätten. Betrug, Verschwendung und Ineffizienz seien nur Vorwände, um diese Institution zu zerstören. Er hoffe, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden. Wie seine Zukunft aussieht, weiss Ben nicht.
Der Rechtsstreit, ob die Entlassungen rechtmässig waren, geht weiter, doch für den Moment ist es das Ende. Auch für Sharon, die 11 Jahre lang für USAID gearbeitet hat. Nun sei sie von einem Tag auf den anderen entlassen worden, ohne irgendwelche Entschädigungen und ohne die ihr eigentlich zustehenden zwei Wochen Kündigungsfrist. «Zum Glück habe ich, im Gegensatz zu vielen anderen, Geld gespart und kann im Moment davon leben. Aber so behandelt zu werden, ist einfach schrecklich.»
Eine Viertelstunde Zeit, um das Büro zu räumen
Es passe dazu, dass sie genau eine Viertelstunde Zeit gehabt habe, um unter strenger Bewachung von Sicherheitspersonal ihr Büro mit den Erinnerungsstücken ihrer Karriere zu räumen.
Im öffentlichen Dienst schaut man nicht darauf, wer im Weissen Haus sitzt.
Sharon kontrollierte und unterzeichnete Verträge und Vereinbarungen bei der USAID. Sie betont, ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen zu sein, auch im Wissen, dass sie Geld von Steuerzahlenden verwaltete. In der ersten Amtszeit von Trump hätten alle hart gearbeitet und die politische Einstellung habe nie eine Rolle gespielt: «Im öffentlichen Dienst schaut man nicht darauf, wer im Weissen Haus sitzt.» Sie alle hätten ihr Herzblut in ihre Arbeit gesteckt, sagt Sharon unter Tränen.
«Grösster Fehler in der US-Aussenpolitik»
Viele Menschen versuchen, Trost zu spenden. Darunter auch bekannte Persönlichkeiten wie Samantha Power. Die ehemalige US-Botschafterin bei der UNO leitete bis im Januar unter Präsident Joe Biden die USAID. Unermüdlich schüttelt sie Hände und gibt Umarmungen.
Die Menschen, die jetzt dieses Gebäude verlassen müssten, seien amerikanische Helden, sagt Power: «Sie arbeiteten nicht wegen des Geldes oder Ruhms für die USAID. Wir preisen zu Recht unsere Frauen und Männer in Uniform, doch dies sind Helden ohne Uniform und sie werden von der eigenen Regierung wie die grössten Feinde behandelt.»
Samantha Power spricht vom grössten Fehler in der Geschichte der US-Aussenpolitik, der begangen werde. Und die Art und Weise sei einfach nur grausam und empörend: «Egal, was man von Auslandhilfe hält, dieses Vorgehen sollte uns alle beunruhigen.»
Mit jeder Entlassung geht auch Wissen verloren. Und es scheint, als solle nichts mehr an USAID erinnern: Das Hauptquartier ist leergeräumt und die Bronzebuchstaben über dem Haupteingang, wo einst «United States Agency for International Development» stand, sind entfernt.