Mit der Anerkennung von Juan Guaidó mischt sich erstmals seit Jahren wieder eine US-Regierung direkt in die Innenpolitik eines lateinamerikanischen Landes ein. Bis Ende der 1980er-Jahre war es für viele US-Administrationen selbstverständlich, mit geheimdienstlichen oder gar militärischen Mitteln dafür zu sorgen, dass in ihrem südlichen Hinterhof nur Regierungen an die Macht kamen, die sich ihren politischen und wirtschaftlichen Zielen unterordneten.
John Bolton, Trumps nationaler Sicherheitsberater, hat Venezuela jüngst als Teil der «Troika der Tyrannei» bezeichnet. Zu dieser zählte er auch Kuba und Nicaragua. Das ist alte Rhetorik eines Neo-Konservativen – sie weckt Erinnerungen an die «Achse des Bösen».
Trump ist kein geborener Interventionist
So gesehen könnte der gestrige Schritt eine Rückkehr zur alten US-Interventionspolitik in Lateinamerika darstellen. Und doch sind Zweifel angebracht: Denn im Weissen Haus regiert ein Präsident, für den die Vereinigten Staaten an erster Stelle stehen, und der bisher wenig Neigung gezeigt hat, US-Gelder und Soldaten im Ausland für Werte wie Demokratie oder gar Menschenrechte zu opfern.
Zwar ist das linksautokratische Regime in Venezuela schon lange ein Ärgernis für die USA. Aber Präsident Trump beliess es bisher wie schon sein Vorgänger Barack Obama bei vereinzelten Sanktionen. Diese haben Nicolás Maduro und seine Entourage kaum je in Bedrängnis gebracht.
Rund vierzig Personen aus dem venezolanischen Regime sind mit US-Einreiseverboten belegt und ihre Auslandguthaben sind eingefroren. Zudem ist es US-Banken untersagt, Finanzgeschäfte mit der venezolanischen Regierung zu tätigen.
Doch die schärfste Waffe, mit der die USA das diktatorische Regime in Caracas empfindlich treffen könnten, hat Trump noch nicht eingesetzt: Nämlich Sanktionen gegen das Ölgeschäft von Venezuela. Das Land gehört noch immer zu den wichtigsten Ölproduzenten der Welt, und die Einnahmen aus dem Geschäft halten die Regierung finanziell am Leben.
USA könnten sich ins eigene Fleisch schneiden
Vom Ölgeschäft mit Venezuela profitieren aber auch viele US-Firmen. Zum Beispiel mehrere Raffinerien in Texas, die Rohöl aus Venezuela verarbeiten. Zudem liefern US-Firmen die Hälfte der wichtigen Chemikalien, mit denen Venezuela sein dickflüssiges Rohöl verdünnen muss.
Ein Importstopp gegen venezolanisches Öl würde also auch die US-Wirtschaft treffen. Und die ist grundsätzlich auf einen tiefen Ölpreis angewiesen. Doch dieser ist im Moment sehr tief. Das wiederum macht es wahrscheinlicher, dass sich der US-Präsident doch noch traut, die Ölwaffe gegen das Regime Maduro einzusetzen.