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US-Präsident besucht London Trump sorgt für Unmut – noch bevor er in Grossbritannien ist

Der Gast sorgte bereits für Unruhe, bevor er überhaupt einen Fuss auf britischen Boden gesetzt hat. In einem Exklusiv-Interview mit der britischen Boulevard-Zeitung «The Sun» erklärte Donald Trump seinen Gastgebern, wie man den Brexit lösen müsste: Nötigenfalls ohne Deal und mit dem Rechtspopulisten Nigel Farage am Verhandlungstisch in Brüssel.

Ebenso hat er seine Sympathien für Brexit-Hardliner Boris Johnson als neuen britischen Premierminister und Nachfolger von Theresa May deutlich gemacht. Solch ungefragte Ratschläge entsprechen nicht dem üblichen Protokoll eines Staatsbesuchs und sorgen in Grossbritannien entsprechend für scharfe Reaktionen.

Die Freundschaft schon mehrfach strapaziert

Grossbritannien und Amerika sind historisch, sprachlich und wirtschaftlich eng miteinander verbunden. Den roten Teppich für einen US-Präsidenten auszurollen, ist deshalb eigentlich diplomatische Routine. Donald Trump hat die Freundschaft zwischen den beiden Ländern während seiner Amtszeit jedoch schon mehrfach strapaziert.

Nach den Terroranschlägen in London bezeichnete er den Bürgermeister von London via Twitter mehr oder weniger als unfähig. Bei seinem letzten Besuch in London beleidigte er Theresa May, indem er in einem Interview sagte, Boris Johnson wäre wohl der bessere Premierminister. Viele Britinnen und Briten sind aus diesen Erfahrungen der Meinung, dass man Donald Trump eher auf Distanz halten und nicht zu einem Galadinner mit der Königin einladen sollte.

Ungünstiger Zeitpunkt für Gespräche

Viele zweifeln zudem am Sinn dieses Besuchs. Laut dem US-Botschafter in London, Woody Johnson, möchte Donald Trump der britischen Regierung einen äusserst vorteilhaften Freihandelsvertrag schmackhaft machen. Mit einer Premierministerin, die nur noch kurze Zeit im Amt verweilt und einem Parlament, das in der Brexit-Frage immer noch völlig gespalten ist, erscheint der Moment für solche Sondierungsgespräche nicht besonders günstig.

Der pompöse Aufwand, mit dem Donald Trump in den kommenden drei Tagen empfangen wird, darf deshalb nicht über die Kratzer hinwegtäuschen, welche die Beziehung der beiden Länder in den vergangenen Jahren erlitten hat. Der US-Präsident wird aus diesem Grund auch einige Massenproteste ertragen müssen. Ebenso die Absage, im britischen Parlament sprechen zu dürfen. Als Staatsgast in Westminster eine Rede halten zu dürfen, sei «eine verdiente Ehre und kein Recht», begründete John Bercow, der Sprecher des Unterhauses, seinen Entscheid.

Patrik Wülser

Grossbritannien-Korrespondent

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Patrik Wülser arbeitet seit Ende 2019 in London als Grossbritannien-Korrespondent für SRF. Wülser war von 2011 bis 2017 Afrika-Korrespondent und lebte mit seiner Familie in Nairobi. Danach war er Leiter der Auslandsredaktion von Radio SRF in Bern.

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