«Alles, was ich von Ihnen will, ist: Finden Sie 11'780 Stimmen.» Donald Trumps Anruf an Brad Raffensperger, den Staatssekretär im umkämpften Bundesstaat Georgia, ist Symbol geworden für Trumps Versuch, die Präsidentschaftswahl 2020 umzustürzen. Hinter den Kulissen hatte Trump Wahlbeauftragte unter Druck gesetzt, das Resultat zu ändern. So auch in Georgia, wo er knapp verlor.
Doch Brad Raffensperger widersetzte sich Trumps Forderung. Wir treffen Raffensperger in Dougherty County, einem Stopp auf der Tour des obersten Wahlbeauftragten durch Georgia. Der Republikaner inspiziert die Wahlmaschinen. Dazu hat er Medien eingeladen.
Rasches Resultat wichtig
Er will der Bevölkerung zeigen, dass der Wahlprozess sicher ist, und verspricht: «Wir wollen das Resultat möglichst rasch nach der Wahl verkünden. Je länger es dauert, desto mehr wird es zum Nährboden für Verschwörungstheorien.»
Mir macht nur Sorgen, dass sich Leute je nachdem nicht mit dem Resultat abfinden können.
Raffensperger ist unter Druck vom rechten Flügel seiner Partei. In der Wahlaufsichtsbehörde sitzt nun eine Mehrheit von Trump-treuen Republikanern. Die wollen neue Regeln zur Zertifizierung des Resultats und zur Zählung durchsetzen. Das würde alles verzögern.
Gerichte haben dies gestoppt, doch die Urteile können angefochten werden. Raffensperger gibt sich unbeeindruckt. «Wir werden das Gesetz befolgen und eine korrekte Wahl haben. Das macht mir keine Sorgen. Nur dass manche Leute sich je nachdem nicht mit dem Resultat abfinden können.»
Wenn Trumps Anwalt anruft
«Bill, hier ist Rudy Giuliani, der Anwalt von Präsident Trump. Rufen Sie mich bitte zurück. Vielleicht können wir die Sache fixen.» Der Anruf kam an Heiligabend 2020. Bill Gates, Mitglied der Wahlaufsichtsbehörde von Maricopa County in Arizona, ging nicht ran. Deswegen hat er nun die Nachricht auf seiner Sprachmailbox.
«Ich rief nicht zurück. Ich war besorgt, dass er mich als Parteikollegen unter Druck setzen will», erklärt Gates. Auch er verteidigte das Wahlresultat gegen Druckversuche von Trumps Vertrauten. In Maricopa County protestierten nach dem Wahltag bewaffnete Trump-Anhänger vor dem Wahlzentrum. Trump-treue Republikaner organisierten eine eigene Nachzählung – obwohl bereits offizielle Nachzählungen und Gerichte die Korrektheit des Wahlresultats bestätigt hatten.
Unsere Demokratie kann diese Attacken von höchster Stelle nicht aushalten.
Bis heute streitet Trump ab, dass er die Wahl verloren habe. Bis heute erzählen er und ihm treue Republikaner die Lüge vom Wahlbetrug.
Bill Gates warnt: «Es geht inzwischen nicht einmal mehr darum, zu gewinnen, sondern darum, Spendengelder zu sammeln, das macht es so gefährlich. Unsere Demokratie kann diese Attacken von höchster Stelle nicht aushalten. Wir müssen uns gegen die Falschinformationen wehren.»
Republikaner wie Gates und Raffensperger, die die letzte Wahl verteidigten, wollen erneut für ein korrektes Resultat einstehen. Sie bezahlen dafür einen hohen Preis. «Es war traumatisierend für meine Kollegen und mich, zu erleben, wie Leute uns bedrohten. Dass wir Todesdrohungen erhielten», sagt Gates.
Brad Raffensperger gibt sich entschlossen. «Wir haben einen Rechtsstaat. Ich mache meinen Job und darauf konzentriere ich mich. Es ist nicht die Zeit für Angst, sondern für Mut.» Nicht nur das Wahlresultat ist offen – sondern auch, was danach noch folgen könnte.