In der Sommerhitze von Phoenix, Arizona, steht ein niedriger, fensterloser, aber trotzdem wuchtiger Bau. Drinnen werden alle Stimmen aus dem Maricopa County maschinell zusammengezählt, wenn am 5. November 2024 ein US-Präsident gewählt wird.
Wir werden am Wahltag Polizei-Spezialeinheiten auf dem Dach haben.
Das County hat Gewicht: Es ist mit Abstand der bevölkerungsreichste Verwaltungsbezirk im Bundesstaat Arizona – einer der wenigen Swing States, die die Wahl entscheiden dürften. Ein massiver Metallzaun und Überwachungskameras beschützen hier die Demokratie.
Sobald die ersten Wahlzettel einträfen, würden die Sicherheitsmassnahmen verstärkt, mit Metalldetektoren und Sicherheitspersonal, sagt die Kommunikationsverantwortliche Taylor Kinnerup. «Wir werden am Wahltag Polizei-Spezialeinheiten auf dem Dach haben, Agenten der Bundespolizei FBI werden hier sein und Beamte der örtlichen Polizei – auf Pferden.»
Bewaffnete Demonstranten
Man hat aus der Vergangenheit gelernt: Nach der Wahl von 2020 demonstrierten Trump-Anhänger vor dem Auszählungszentrum, manche waren bewaffnet. «Stoppt den Wahl-Diebstahl!», forderten sie, während drinnen noch Stimmen gezählt wurden.
Trump war erst der zweite Republikaner seit 1948, der in Arizona verlor – mit nur rund 10'400 Stimmen Rückstand. Das Trumplager sprach ohne Beweise von «Wahlbetrug». Bis heute behauptet Trump, die Wahl sei ihm «gestohlen» worden.
Mit dieser Lüge setzten er und seine Anhänger Politiker und Wahlverantwortliche unter Druck. Besonders heftigen Angriffen waren die Verantwortlichen im Maricopa County ausgesetzt.
Gegen Verschwörungstheorien
Kinnerup hat die Proteste 2020 als Journalistin miterlebt. Jetzt leitet sie ein neues Kommunikationsteam des Maricopa Countys.
Es soll den Wahlprozess verständlich machen, etwa mit öffentlichen Rundgängen. Verschwörungstheorien sollen entkräftet werden, wonach Wähler mehrfach abgestimmt hätten oder Zählmaschinen manipuliert worden seien.
Hier werden etwa, anders als in der Schweiz, auf den eingegangenen Wahlunterlagen hunderttausende Unterschriften von Wählerinnen und Wählern verifiziert. Sie werden mit bereits abgespeicherten Unterschriften der registrieren Wähler verglichen.
Totale Transparenz im Auszählraum
Demokraten, Republikaner und Parteiunabhängige würden die Auszählung der Stimmen gemeinsam beaufsichtigen, wird erklärt. In einem grossen, hellen Raum sitzen sie sich bald an Tischen gegenüber, wenn die Wahlzettel aus den Couverts genommen werden.
Der Raum ist das ganze Jahr über videoüberwacht, der Livestream im Internet abrufbar. Jeder Schritt im Auszählzentrum wird von Menschen überwacht, die Zählmaschinen sind nicht ans Internet angeschlossen. Sie seien also sicher vor Hackerangriffen, heisst es.
Das Problem mit den Druckern
Vielerorts stehen Drucker. Bei den Kongresswahlen vor zwei Jahren funktionierten manche Geräte nicht richtig, sodass Wahlzettel nicht korrekt gedruckt wurden. Nun seien alle Drucker ersetzt worden, erklärt Kinnerup: «Das sind handelsübliche Drucker. Für uns wurden aber grössere Lüftungen hergestellt und angebracht, die ein Überhitzen verhindern sollen.»
Manche sprachen nach der Zwischenwahl von 2022 wegen der Drucker wieder von Betrug. Kari Lake, eine Republikanerin, die in der Wahl zur Gouverneurin unterlag, akzeptierte ihre Niederlage nicht – ganz wie ihr Vorbild Donald Trump. Das verdeutlicht, wie weit verbreitet die Wahllügen in Arizona sind.
Die republikanische Mehrheit im Senat von Arizona beschloss 2021 aufgrund abstruser Betrugsvorwürfe sogar, die Präsidentschaftswahl im Maricopa County von privaten Organisationen überprüfen zu lassen.
Schwieriger Kampf gegen Fakenews
Wenn prominente Politikerinnen und Amtsträger Falschinformationen verbreiteten, erschwere das ihre Arbeit, sagt Kinnerup: «Wenn jemand über eine grosse Bühne verfügt und ständig Falschinformationen verbreitet, wird es schwieriger, dagegen vorzugehen.»
Die Wahl in Arizona war frei und fair und wurde sehr gut durchgeführt.
Gerade wird eine Besuchergruppe durch die Räume geführt. Es sind Anhänger der Demokratischen Partei, sie müssen also nicht überzeugt werden. «Die Wahl in Arizona war frei und fair und wurde sehr gut durchgeführt», erklärt einer von ihnen namens David Princehouse. Jene, die immer noch behaupteten, bei der Wahl sei betrogen worden, seien «sehr, sehr fehlgeleitet».
Längst nicht alle haben noch dieses Vertrauen in die US-Demokratie. Gemäss landesweiten Umfragen glauben rund zwei Drittel der Republikaner, die Wahl von Joe Biden 2020 sei nicht legitim gewesen.
Im Maricopa County wird sich die Präsidentschaftswahl auch im Jahr 2024 wieder mitentscheiden. Gut möglich, dass Trump und seine Anhänger eine Niederlage wieder nicht akzeptieren würden. Wenigstens ist man im Auszählzentrum dieses Mal besser darauf vorbereitet.