Darum geht es: Die Debatten der Präsidentschaftskandidaten haben in den USA Tradition. Welchen Einfluss die Duelle auf die Wählenden haben, ist jedoch umstritten. Gerade für Präsident Joe Biden dürften sie diesmal bedeutend sein. Der gebrechlich wirkende über 80-jährige Amtsinhaber der Demokraten muss der Nation vor allem seine geistige Fitness beweisen. Doch auch sein etwas mehr als drei Jahre jüngerer republikanischer Herausforderer Donald Trump hat einige Schwachstellen. Beide Männer bereiten sich auf ihre Weise auf die Debatte vor. In US-Medien geben vor allem konservative Präsidentschaftsberater und Politstrategen den Kandidaten Ratschläge.
Handicaps: Biden hat tiefere Umfragewerte als Trump. Sein sichtbarstes Problem: das Alter. Als Leader der Supermacht USA kann er nicht in Ruhe älter werden. Dazu kommt bei Amtsinhabern immer eine gewisse Unlust, sich vorzubereiten. Trump ist zwar «erst» 78, aber auch er verwechselt Namen. Doch zumindest aus der Ferne wirkt er körperlich fitter. Trump hat allerdings nicht weniger Probleme: Er ist ein verurteilter Straftäter, bedient sich einer verstörenden Rhetorik, gilt als vorbereitungsfaul und ist nicht wild auf gründliche Kenntnis von Sachthemen.
Experten zu Joe Biden: Als «grossen Wendepunkt» bezeichnet Karl Rove das Fernsehduell für den Präsidenten. Der konservative Politstratege Rove hat George W. Bush zweimal zum Sieg geführt. In der «New York Times» führt er aus, was viele sagen. Biden müsse so auftreten, dass die Wählerschaft sich zumindest frage: «Vielleicht hat's der alte Mann doch drauf?» Falls er attackiert werde, solle er Trump ignorieren und sich dem Publikum zuwenden: «Wollt ihr diesen Trottel wirklich wieder haben?» Das sagt Chris Christie im Podcast «Hacks on tap». Der republikanische Ex-Gouverneur von New Jersey hat mehrmals versucht, Trump auf die Debatten vorzubereiten. Biden solle aufhören, Trump direkt anzugreifen, er werde solche Gefechte verlieren, doch laut US-Medien hat der Präsident genau dies vor.
Experten zu Donald Trump: Er tue gut daran, sich vorzubereiten, sagt Chris Christie über seinen früheren «Schüler». Sachlich bleiben, nicht seine Klagen über die angebliche Hexenjagd auf ihn wiederholen. Beide Kandidaten neigten zu ausschweifendem Gerede. Doch sie müssten sich zügeln und stattdessen eine kurze Geschichte vorbereiten, eine sogenannte «Stump Speech». Das ist eine kurze Erzählung, in der zwei, drei Erfolge herausgestrichen und wiederholt werden. Karl Rove empfiehlt Trump Zurückhaltung. Er müsse den Wählenden das Gefühl vermitteln, dass es um das Volk gehe und nicht um ihn selber.
Fazit: Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass die beiden Kandidierenden alle Ratschläge befolgen. Aus dem Biden-Lager berichtet CNN, der Präsident werde Trump einige Fehltritte um die Ohren schlagen. Aber die Demokraten wollten sich auch auf einen gemässigteren Trump vorbereiten, weiss die «New York Times». Dieser scheint zumindest an eine gewisse Sachlichkeit zu denken. Trump wolle Biden vor allem wegen der hohen Preise, der Inflation, in die Zange nehmen. Der Ex-Präsident halte deswegen informelle Meetings ab, eine klassische Vorbereitung mit Sparringpartner sei bisher nicht geplant gewesen, so CNN vor einer Woche.