Die Ausgangslage: Lateinamerika ist eng mit den USA verbunden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom «Hinterhof der USA». Eine zweite Amtszeit von Trump als US-Präsident hat also potenziell Auswirkungen auf alle Länder Lateinamerikas, aber besonders auf Mexiko, Kolumbien, Brasilien und Argentinien.
Mexiko: Als klar wurde, dass Trump gewinnt, sagte Präsidentin Claudia Sheinbaum, sie hoffe auf gute Beziehungen mit seinem grossen Nachbarn – besonders beim Thema Migration. Die USA setzen bereits heute auf Abschiebeabkommen mit verschiedenen lateinamerikanischen Staaten, aber allen voran Mexiko. Es gehe darum, Migrantinnen und Flüchtlinge mit Zielland USA abzuschrecken, den gefährlichen Weg durch den Darién-Dschungel zu nehmen, sagt Südamerika-Korrespondentin Teresa Delgado. Dies ist eine der tödlichsten Migrationsrouten weltweit und wird vor allem von Venezolanern benutzt. Trump fordert seit langem schärfere Kontrollen an der Grenze zu Mexiko. Dies werde zwar in Südamerika wahrgenommen, sagt Delgado weiter, «doch abschrecken wird das die Migranten nicht». «Solange Venezuela sozialistisch regiert wird und die USA weiterhin fleissig venezolanisches Erdöl kaufen, dürfte sich an daran kaum etwas ändern.»
Kolumbien: Gustavo Petro, der erste linke Präsident des Landes, gratulierte zwar Trump, sagte aber auch, die USA dürfe einen «Völkermord» in Gaza nicht unterstützen – und wies auch auf den Klimawandel hin. Denn Kolumbien litt dieses Jahr wegen einer grossen Dürre an Wassermangel. Kolumbien ist nach wie vor auch das grösste Kokainanbaugebiet der Welt. Die gewalttätigen Drogenkartelle seien ein Grund, weshalb viele Menschen aus Venezuela, Kolumbien, Ecuador und anderen lateinamerikanischen Staaten in Richtung USA fliehen, sagt Delgado. «Wenn die USA daran wirklich etwas ändern wollen, müssen sie mit der kolumbianischen Regierung zusammenarbeiten und gemeinsam die Drogenkriminalität bekämpfen.»
Brasilien: Ebenfalls spüren dürfte der Machtwechsel in den USA die grösste Wirtschaftsmacht Lateinamerikas: Brasilien. Präsident Lula gilt als China-nah. Unter ihm wurde China zum wichtigsten Handelspartner und überholte damit die USA. Dennoch bleibt Brasilien mit seinen rund 200 Millionen Einwohnern für die USA ein wichtiger Markt und Brasiliens zweitwichtigste Export-Destination. Einen Zollkrieg mit Trump will Lula vermeiden, drückt deshalb gegenüber China etwas auf die Bremse: Kürzlich erteilte Brasilien dem chinesischen Seidenstrassenprojekt («Belt and Road»-Initiative) eine Absage – allerdings nur der Form halber. Zudem könnte Trump Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro wieder Auftrieb geben. Denn er schaue gerne bei Trump ab, sagt Südamerika-Korrespondentin Delgado. Bolsonaro werde für die nächsten Wahlen 2026 wohl auch ein Comeback versuchen, obwohl das oberste Gericht Brasiliens Bolsonaro eine Kandidatur wegen Amtsmissbrauch verboten habe.
Argentinien: Präsident Javier Milei ist «ein grosser Fan von Trump», sagt Delgado. Er sei auch einer der wenigen lateinamerikanischen Präsidenten, der Israel offen Unterstützung zusagt. Die USA hätten also insofern einen potenziellen Bündnispartner in Südamerika. Des Weiteren ist Argentinien hoch verschuldet. Delgado sagt, Milei suche nach Möglichkeiten, den Handel anzukurbeln. Mehr Handel mit den USA wäre willkommen – vielleicht sogar ein Freihandelsabkommen.