Wirtschaftsmagazin «ECO»: Donald Trump will internationale Handelsabkommen aussetzen oder neu verhandeln. Kann er das überhaupt?
Ich halte das für rein populistische Statements. Trump sagt nur immer, was er machen wird, aber nie, wohin es führen wird. Die USA sind zwar ein mächtiges Land, aber einseitig durchsetzen kann das Land wenig. China, Russland und asiatische Länder werden nicht einfach zuschauen, was Amerika macht.
Was würde die Einschränkung des Freihandels für die USA bedeuten?
Die USA haben sich in den letzten Jahrzehnten als Weltwirtschafts-Lokomotive mit Weltwährung präsentiert, mit einem verantwortungsvollen wirtschaftlichen Programm. Trumps Pläne wären ein Rückschritt in längst vergangene Zeiten und nicht gut für das Land. Ich halte das langfristig für absolut undenkbar.
Was halten Sie von Schutzzöllen für chinesische Produkte, wie dies Trump ankündigt?
Wenn er Schutzzölle auf China-Importe erhebt, würde China garantiert auch Restriktionen erheben: etwa auf Rohmaterialien, die nach China gehen. Handelskrieg ist ein grosses Wort, aber Schutzzölle blieben sicher nicht ohne Konsequenzen.
Schritt in eine isolationistische Welt
Trump erwägt ja auch Nachverhandlungen oder sogar den Ausstieg aus der Welthandelsorganisation.
Täte er das, ginge er auf ganz dünnes Eis. Ich kann mir nicht vorstellen, dass seine Berater, die republikanische Partei und auch der Kongress dem einfach so locker zustimmen würden. Ein Ausstieg wäre ein Schritt in eine isolationistische Welt. Das halte ich für undenkbar.
Das Transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der USA und der EU dürfte mit Trump vom Tisch sein. Was sind die Auswirkungen für die Schweiz? Teile der Wirtschaft hatten sich einen Anschluss erhofft.
Ich glaube nicht, dass es schwieriger würde für Schweizer Firmen. Ohne Freihandelsabkommen bleibt die Situation für die Schweiz, wie sie die letzten Jahre war. Und die letzten Jahre waren wirtschaftlich zwischen der Schweiz und Amerika sehr gut. Wir sind einer der ganz grossen Direktinvestoren in den USA.
Verschlechtern sich mit Trump die Beziehungen der USA zur Schweiz?
Ich glaube nicht. Es gibt eine ganz enge Verflechtung zwischen den Ländern, und Trump hat wohl nie einen Gedanken daran verschwendet, ob er die Schweiz negativ anschauen soll.
Zur Innenpolitik: Donald Trump will die Steuern senken, Milliarden in die marode Infrastruktur stecken und gleichzeitig die Schulden abbauen. Ist das realistisch?
Nein, alles zusammen funktioniert ökonomisch nicht. Es ist eine Milchbüchlein-Rechnung, die nur zur Folge hat, dass die Staatsschulden steigen. Wenn Trump die Steuern senkt, wird er andere Einnahmen generieren müssen – oder das Budgetdefizit erhöhen. Seine Partei hat sich aber stets gegen ein höheres Budgetdefizit gestellt. Die Republikaner müssten also über ihren Schatten springen.
Sind also Investitionen in die Infrastruktur, also in alte und kaputte Strassen, Brücken sowie Wasser- und Stromleitungen, nicht realistisch?
Dringend nötig wären sie auf jeden Fall und auch gut für die Wirtschaft. Aber auch dies hätte ein höheres Budgetdefizit zur Folge, was seine eigene Partei eben ablehnt. Trump hat nie gesagt, wie er Einnahmen generiert, sondern immer nur, wie er Ausgaben erhöhen wird und wie er Einnahmen – Steuereinnahmen – reduzieren wird. Dass diese Rechnung nicht aufgeht, ist klar. Darum gibt es nur eine Lösung: Wenn er das Gesicht nicht verlieren will, werden wir in Zukunft klar steigende Budgetdefizite in Amerika sehen.
Was wären die Folgen?
Die wären nicht so dramatisch. Das Staatsdefizit der USA liegt deutlich unter 100 %, ist also global gesehen gar nicht so hoch. Und die USA haben die Weltwährung, den Dollar, und können sich problemlos weiterverschulden, ohne dass das Land Konkurs geht. Voraussetzung ist aber, dass die Politik mitspielt. Es wäre eine klassische ökonomische Massnahme, dass man in schwierigen Zeiten Staatsgelder in die Infrastruktur steckt, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Kann Trump auf diese Weise Arbeitsplätze schaffen?
Es ist viel Wunschdenken dabei. Investitionen in die Infrastruktur sind nicht unbedingt produktiv, sondern es sind Dinge, die man lange vernachlässigt hat. Kurzfristig hätten solche Investitionen einen Effekt. Aber langfristig brauchen die USA Arbeitsplätze, die nicht durch Infrastruktur-Investitionen entstehen, sondern durch neue Firmen, die ins Land kommen. Das ist aber sehr schwierig.
Wir haben einen Wahlkampf gesehen, in dem die Wahrheit nicht so wichtig war
Adressiert Trump mit seinem Programm die wirklichen Probleme?
Nur in einem kleinen Bereich. Die USA haben eine strukturelle Arbeitslosigkeit. Viele haben wegen der zunehmenden Automatisierung ihren Job verloren. Die Menschen müssten nun umgeschult werden, damit sie in der modernen Arbeitswelt wieder einen Platz finden. Wie dies geschehen soll, dazu hat Donald Trump überhaupt nichts gesagt.
Was halten Sie generell von Donald Trumps Wahlkampf?
Wir haben einen Wahlkampf gesehen, in dem die Wahrheit nicht so wichtig war. Man hat Trump so viele Unwahrheiten nachgewiesen, und er sagte so viele Dinge, die absolut unmöglich sind. Man muss deshalb befürchten, dass Trump ein Bote für die Zukunft ist, nämlich dass nicht mehr die Wahrheit zählt, sondern dass man nur möglichst viele Twitter-Nachrichten und «Likes» erzeugen kann. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Es kann dazu führen, dass in der Politik eine gute Show wichtiger ist als die Analyse der Fakten.
Das Interview führte Andreas Kohli.