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Trumps Regierungsmannschaft Lockerer Austausch im Chat über Bombardierungen

Am Ende hatte die US-Regierung sogar noch Glück. Der fälschlicherweise in den Chat integrierte Chefredaktor des «Atlantic», Jeffrey Goldberg, verhielt sich verantwortungsbewusst und verbreitete keine Informationen über konkrete Militäroperationen. Er legte bloss das Versagen der Regierungskommunikation offen.

Hätte der Gegner, hier die jemenitische Huthi-Miliz, konkret von den geplanten Luftangriffen erfahren, hätte er sich wappnen und so den Angriff ins Leere laufen lassen können. Je nach Art einer Militäroperation hätten sogar US-Soldaten gefährdet sein können, etwa wenn sie bei einer Landoperation in einen Hinterhalt geraten wären.

Sicherheitsleck gegen innen

Zwar gilt die Signal-App als relativ sicher, weil sie über eine gute Verschlüsselungstechnik verfügt. Doch die Verschlüsselung richtet sich gegen aussen, gegen Hacker. Hier wurde aber ein Journalist in einen Chat hineingelassen und vernahm so alles, was die offenbar knapp zwanzig hochrangigen Regierungsvertreter erfuhren.

Das zeigt zunächst, wie liederlich diese US-Regierung mit der Geheimhaltung umgeht. Entsprechend stellen sich nun Fragen: War es ein menschlicher Irrtum? Oder gab es gar einen Verräter? Warum wird bei einem derart sensiblen Chat, der über einige Zeit bestand, nicht ständig überprüft, wer drin ist? Warum tauschen sich hochrangige Regierungsleute über so sensible Themen über eine kommerzielle Kommunikations-App aus?

Zudem müssten in den USA solche Austausche von hoher Relevanz, ob schriftlich oder mündlich, protokolliert und archiviert werden, nicht zuletzt für die Geschichtsforschung. Der US-Präsident und seine Minister sind also nicht allein Herr über ihre Gespräche in offizieller Funktion. Seinerzeit wurde Ex-Aussenministerin Hillary Clinton von den Republikanern heftig angegriffen, weil sie Mails nicht von ihrem offiziellen, sondern ihrem privaten E-Mail-Konto aus versandt hatte.

Verachtung für Europa

Früher wurden solche Gespräche hauptsächlich in abhörsicheren Räumen geführt. Oder über streng gesicherte Festnetztelefonleitungen. Das ist heute oft anders. So dürfte vorige Woche das Gespräch zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Donald Trump auch über einen Videochat geführt worden sein. Aber wohl immerhin über einen hoch gesicherten.

Die Panne ist hochnotpeinlich für die US-Regierung. Irritierend ist auch, mit welcher Saloppheit und Verachtung in diesem Chat über die bisherigen engsten Verbündeten Washingtons, über die Europäer, hergezogen wurde.

Köpfe werden wohl kaum rollen

Den Schaden begrenzen könnte die Regierung Trump, indem sie selber die Sache rasch, minutiös und selbstkritisch aufklärt. Doch Selbstkritik ist nicht die Stärke dieser Regierung. Das zeigt bereits in ersten Reaktionen. Angegriffen wird zunächst der Journalist, obschon ihn keinerlei Schuld trifft. Die Beteiligten am Chat hingegen versuchen, die Sache herunterzuspielen.

Präsident Trump sagt, er habe nichts gewusst davon. Was aber erstaunt, weil seine engste Mitarbeiterin, Stabschefin Susie Wiles, dabei war. Trump müsste nun – je nach Ergebnis der Untersuchungen – auch Konsequenzen ziehen, wohl Köpfe rollen lassen. Doch das wird eher nicht passieren. Und vom republikanisch beherrschten Parlament wird kaum genug Druck für eine kritische Aufarbeitung mit Konsequenzen kommen.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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Heute Morgen, 25.3.2025, 6 Uhr

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