184 Ja, 7 Nein, eine Enthaltung. Mit diesem klaren Stimmenverhältnis hat das finnische Parlament am Mittwoch ein ganzes Paket von Gesetzen angenommen, das dem nordischen Land den Weg in das westliche Verteidigungsbündnis Nato ebnen soll.
Die Befürworterinnen und Befürworter kommen aus allen politischen Lagern. Als wichtigsten Grund führten sie Russlands völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Nachbarstaat Ukraine an. Finnland hat eine über 1300 Kilometer lange Grenze zu Russland und sieht in der Nato-Mitgliedschaft eine sicherheitspolitische Lebensversicherung.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verfolgte Finnland einen schwierigen Balanceakt zwischen West und Ost. Mit der Sowjetunion, das Finnland zweimal angegriffen hatte, wurde 1948 ein Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Gleichzeitig sah Helsinki in der Neutralität eine Möglichkeit, zu Moskau auf Distanz zu gehen.
Finnland nutzt Spielraum
Finnland nutzte diesen Spielraum Mitte der 1970er-Jahre als Gastgeber der ersten Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit (der heutigen OSZE) in Helsinki. Sie verpflichtete alle Mitgliedsstaaten – darunter auch die Sowjetunion – zum Prinzip der Unverletzlichkeit nationalstaatlicher Grenzen. Erst 1989 konnte Finnland dann dem Europarat beitreten und nutzte den erweiterten politischen Spielraum anschliessend auch zum Beitritt zur Europäischen Union im Jahre 1995.
Als EU-Mitglied profilierte sich das nordische Land mit gut 5.5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern als Brückenbauer zur Russischen Föderation. Eine Strategie, die mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Moskaus in der Ukraine kolossal gescheitert ist – und über Nacht Finnlands Sicherheitspolitik veränderte. Bereits im letzten Mai hatten sich 188 der 200 Abgeordneten im finnischen Parlament für die Einreichung eines Nato-Beitrittsgesuches ausgesprochen.
Atomwaffen sind in Finnland «inaktuell»
In der abschliessenden Marathondebatte wurden jedoch letzte Zweifel geäussert: Die betreffen die Atomwaffen der Nato. Solche sind gemäss geltendem finnischen Recht innerhalb des Landes verboten.
Für sieben hauptsächlich postkommunistische Parlamentarier war dies der Grund, gegen den Nato-Beitritt zu stimmen. Verteidigungsminister Antti Kaikkonen jedoch betonte, dass eine Stationierung von Atomwaffen in Finnland auch nach einem Beitritt «völlig inaktuell» bleibe.
Unter den befindlichen 30 Nato-Mitgliedsstaaten haben bereits 28 den Beitritt Finnlands und auch Schwedens ratifiziert. In Ungarn will das Parlament in der kommenden Woche darüber befinden. In der Türkei dürfte dieser Entscheid jedoch erst nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 14. Mai fallen.
Mit Blick auf die Wahlen im eigenen Land – in Finnland wird das Parlament am 2. April neu gewählt – wollte die finnische Mitte-links-Regierung die Nato-Frage jedoch aus der Schusslinie nehmen. In erster Linie jener Russlands.