- Das europäische Parlament fordert den sofortigen Beginn einer internationalen Untersuchung zur Giftattacke auf den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny.
- Seinen Mitarbeitern zufolge ist Nawalny bereits vor seinem Aufbruch zum Flughafen im Tomsker Hotel vergiftet worden.
- Russland streitet weiterhin ab, in den Vorfall involviert zu sein.
Der Mordversuch gegen Nawalny wird seitens der EU weiterhin scharf verurteilt. Ausserdem sei der wiederholte Einsatz chemischer Waffen gegen russische Bürger ein Grund zur Besorgnis, heisst es in der Entschliessung des EU-Parlaments.
Die Abgeordneten fordern Russland auf, der Einschüchterung, Gewalt, Belästigung und Unterdrückung von Oppositionellen ein Ende zu setzen. Politische Morde und Vergiftungen seien in Russland ein systematisches Mittel des Regimes, um die Opposition vorsätzlich anzugreifen.
Die EU müsse angesichts des Falls Nawalny die Beziehungen zu Russland überdenken, fordert das Europaparlament. Russland müsse in internationalen Foren weiterhin isoliert werden und dem EU-Sanktionsregime für Menschenrechtsverletzungen zügig zugestimmt werden.
Russland fordert Beweise für Vergiftung
Alexej Nawalny war am 20. August bei einem Inlandflug in Russland bewusstlos geworden, seit dem 22. August wird er in der Berliner Charité behandelt. Wochenlang lag er im künstlichen Koma. Nach Angaben von Speziallaboren wurde er mit einem Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Russland behauptet, nicht in den Fall verwickelt zu sein und fordert weiterhin Beweise für eine Vergiftung.
Die Beweislage wird nun immer erdrückender. Denn der russische Kreml-Kritiker ist seinen Mitarbeitern zufolge bereits vor seinem Aufbruch zum Flughafen in einem Hotelzimmer vergiftet worden. Reste des bei Nawalny angewandten Nervengiftes seien an einer leeren Wasserflasche aus dem Zimmer der Unterkunft in der sibirischen Stadt Tomsk nachgewiesen worden, teilt das Team des Oppositionspolitikers am Donnerstag in Moskau mit.
Auf einem am Donnerstag auf Nawalnys Instragram-Konto verbreiteten Video ist zu sehen, wie Teammitglieder in Handschuhen das Zimmer absuchen und diverse Gegenstände mitnehmen, darunter auch leere Mineralwasser-Flaschen.
Ein deutsches Labor fand Spuren von Nowitschok auf der Wasserflasche aus dem Tomsker Hotelzimmer.
Bereits eine Stunde nach der Nachricht vom Kollaps Nawalnys sei sein Hotelzimmer unter die Lupe genommen worden. «Es wurde beschlossen, alles zu sammeln, was auch nur hypothetisch nützlich sein könnte, und es den Ärzten in Deutschland zu übergeben», heisst es im geposteten Video. «Zwei Wochen später fand ein deutsches Labor Spuren von Nowitschok auf der Wasserflasche aus dem Tomsker Hotelzimmer.»
Forderungen nach neuen Sanktionen
Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und andere Länder fordern Antworten von Russland, auch Forderungen nach neuen Sanktionen gegen Moskau wurden laut. Bei den Ermittlungen bat Deutschland auch die globale Agentur für chemische Waffen (OVCW) um technische Unterstützung.
Experten der Agentur «sammelten biomedizinische Proben von Herrn Nawalny zur Analyse durch von der OVCW benannte Laboratorien», wie die OVCW am Donnerstag mitteilt. Die Testergebnisse würden an Deutschland weitergegeben und ansonsten vertraulich behandelt.